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Interview: ASRAI
Titel: Reale Leidenschaften

Mit einem ebenso stimmungs- wie musikalisch gehaltvollen Nachfolgewerk zum damaligen Debütalbum „As Voices Speak“ melden sich die beiden Zwillingsschwestern Margriet und Karin Mol samt Band Asrai zurück. Das niederländische Gothic Rock-Quintett schwelgt innerhalb seiner eigenen Demutslieder mit scheinbar maximalem Gefühlsreichtum. Solcherlei tiefgehend emotionale Hingabe führt hier in konstruktiver Koalition mit eingebrachtem Symphoniebombast und der markanten Vollweibsstimme von Nachtschwärmerin Margriet zu mancherlei erhebenden Hörerlebnissen, welche nicht selten tief unter die Haut gehen. Und dass die fünf feinfühligen Rotterdamer es trotz aller emotionalen Opulenz nicht an knackiger Grundhärte mangeln lassen, dürfte den neuen Langspieler „Touch In The Dark“ somit für eine breite Anhängerfront von Liebhabern härterer Gothic-Klänge interessant machen. Sehr interessant fiel auch der nachfolgend aufgezeichnete verbale Schlagabtausch mit Trommelstockhexe Karin Mol aus.

„Dass sich unsere neue Scheibe an manchen Stellen fast ein wenig so anhört wie die Musik von The Dreamside, liegt daran, dass Roman Schönsee, der Bassist dieser Band, `Touch In The Dark` mit uns zusammen aufgenommen hat. Dagegen, sich so ähnlich anzuhören, hatten wir jedoch nichts, da alle Mitglieder von Asrai ausgesprochene Anhänger von The Dreamside sind“, gibt mir die vom Start weg zu allerlei Späßchen aufgelegte Schlagzeugerin zu Protokoll.

„Die Wesen Asrai sind zerbrechliche, elfenhafte Zauberwesen weiblicher Natur, welche sich in eine Wasserpfütze verwandeln, wenn sie sich entdeckt fühlen oder vom Einfall des Sonnenlichtes überrascht werden. Die Sage stellt sie als äußerst scheue Erscheinungen dar, welche sich daher noch niemals jemandem gezeigt haben“, erläutert Karin anschließend mit besinnlichen Worten die Bedeutung des Bandnamens ihrer aufwändig kostümierten Truppe.

„Wir legten schon seit jeher allergrößten Wert auf unser aller Outfit. Und da ich mit meiner Schwester Margriet nicht erst seit gestern zusammen Musik mache – wir gründeten Asrai, konnten sich unser Image und die damit verbundenen Klamotten in aller Ruhe bis heute entwickeln. Gerade ich renne in diesem Stil auch beruflich herum; ich arbeite beispielsweise als Laborkrankenschwester, was so einige Patienten immer wieder zum Staunen bringt.“

Margriet gibt sich in dieser Hinsicht aber auch keinerlei Blöße und lebt ihre Gothic-Neigung im täglichen Leben eigentlich auch nach Herzenslust aus, wie mir Karin noch mit süffisantem Tonfall berichtet, dabei ständig ein Grinsen im Gesicht.

Doch nun wird die Rotterdamerin ernst: „So, wie wir uns als Band darstellen, so leben wir auch. Es ist nicht als reines Image zu sehen, wir sind Gothic-Liebhaber durch und durch. Das wollen wir beiden Schwestern auch nicht zuletzt mit unseren vielen Tätowierungen zum Ausdruck bringen.“

Wer die aktuellen Bandfotos aufmerksam betrachtet, wird sich bewusst, wie ernst die vorhergegangene Aussage Karins zu nehmen ist. Diese Staffage dürfte jedoch nicht nur glühende Verehrer finden, sondern auch allerlei Lästerer auf den Plan rufen. Jedoch: „Was andere drüber denken, ist uns ehrlich gesagt vollkommen egal. Ich und die anderen bei Asrai, wir leben unseren Style vollkommen aus und fühlen uns sehr wohl dabei“, bekennt das Drummer-Girl.

Überhaupt, die fünf selbsttreuen Niederländer sollten, wie eingangs dargelegt, einer breiten Klientel von Gothic- und Darkwave-Anhängern ganz gut zu Gehör gehen. Schließlich ist ihr Sound ausreichend theatralisch, atmosphärisch und bombastisch. Aber auch stimmungsvoll und eingängig. Doch Karin hat hierzu, mit gut gelaunt erklingender Stimme, erneut das letzte Wort:

„Ich kann hier nur zustimmen. Da wir selbst, insbesondere wir beiden Schwestern, leidenschaftliche Fans von Darkwave- und Goth Rock-Sounds sind, spiegeln sich solcherlei Neigungen natürlich ganz automatisch in unseren Liedern wieder. Wir lieben es sehr, uns nicht im Geringsten limitieren zu müssen, was die eigene Stilistik anbelangt. Nur so ist es unserer Auffassung nach möglich, abwechslungsreich und zugleich fesselnd zu musizieren.“

Höchste Zeit, ganz gezielt nach den lyrischen Themenbereichen der Lieder auf dem aktuellen Output „Touch In The Dark“ zu fragen. Und diese bieten, wohl ganz entgegen so mancher durch das Image geweckter Erwartungshaltung, überhaupt keine Fantasiegeschichten auf. Was umso mehr verwundert, weil die niederländische Dramengruppe doch gerade so ausgeprägt auf ihr Äußeres achtet. Doch laut Karins Aussage beziehen Asrai ihre zugrunde liegenden Inspirationen dafür einzig und allein aus dem täglichen Leben an sich.

„All unsere Songtexte behandeln von uns gemachte Erfahrungen, wie man sie jeden Tag aufs Neue durch- und erlebt. Vordergründig geht es bei Asrai natürlich um allerlei stark emotionale Erlebniswelten: Prickelnde Liebesgefühle, glühende Leidenschaften und verzehrende sinnliche Sehnsüchte. Aber auch diverse Hoffnungen an das Dasein, bittere Enttäuschungen, überschäumende Wut, bedrückende Gram und bittere Trauer auf der anderen Seite. Es ist nicht notwendig, hierfür imaginative Storys zu erfinden, das Leben erzählt die spannendsten Geschichten. Ein emotionaler Mensch versteht sicher sofort, was ich damit sagen will.“

Fiktive Ereignisse zu erzählen, zu besingen, liegen ihrer ebenfalls überaus eigenwilligen Schwester Margriet, welche als Vokalistin auch alle Lyrics verfasst, nämlich überhaupt nicht, wie abschließend noch von einer für das Interview sehr dankbaren Karin zu erfahren war.

© Markus Eck, 25.04.2004

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