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Interview: BORKNAGAR
Titel: Philosophische Speerwürfe

Die Norweger Borknagar sind seit jeher alles andere als uninspirierte Musiker gewesen.

Schon auf ihrem 1996er Debütalbum gleichen Namens vernahmen die Hörer damals eine nicht alltägliche Mischung aus allem, was den nach wie vor vorherrschenden enormen den Reiz an metallischen Klängen aus dieser nicht nur landschaftlich faszinierenden Region ausmacht.

Über die Veröffentlichungen „The Olden Domain” (1997), „The Archaic Course” (1998) sowie den 2000er Knallkörper „Quintessence” machte die Band eine bewundernswerte Entwicklung durch.

Immer an sich selbst glaubend, gelang es Borknagar einen unverwechselbaren und völlig losgelösten individuellen Stil aus dem Bandkorpus heraus zu meißeln. Für das nun zur Veröffentlichung anstehende fünfte Werk stark naturverbundener Passionen konnte man keinen geringeren als den Landsmann Vintersorg für das Gesangsmikro rekrutieren.

Vintersorg ist neben den abermals wirklich tollen Kompositionen und einer ständig durchschimmernden Hingabe aller Musiker für einige wohlklingende Sternstunden auf „Empiricism” verantwortlich. Gitarrist Øystein G. Brun gründete das epische Sextett 1996. Er bringt die ausführende Exekutive seiner visionären Kreationen etwas näher.

„In diesem Moment können wir es schon kaum mehr abwarten, bis unser neues Album nun endlich veröffentlicht wird“, berichtet Øystein.

Er ergänzt: „Wir haben schon einige Interviews absolviert und es werden noch so einige kommen, vermute ich.“

Mehr noch: „Gleichzeitig versuchen wir schon in die Zukunft zu blicken und uns um anstehende Tour-Aktivitäten zu kümmern. Dies wird jedoch erst Anfang bis Mitte des kommenden Jahres spruchreif werden. Auch haben wir ernsthafte und seriöse Angebote erhalten, in Südafrika und Nordamerika aufzutreten.“

Im Line-Up von Borknagar hat es einen Wechsel mit anschließender illustrer Neubesetzung gegeben.

„Als unser alter Sänger Simen die Band kurz nach der Veröffentlichung unseres letzten Albums `Quintessence` verließ, wurde er kurzerhand durch Vintersorg ersetzt.“

Letzteren dürften viele eingefleischte Norsophile durch seine herrlichen Alben kennen, auf denen er Folklore-lastigen Heathen Metal vom Feinsten vertont hat.

„Mit Tyr haben wir auch einen neuen Basser zu uns geholt, um die Rhythmus-Sektion zu optimieren. Er war in früheren Zeiten auch schon in Bands wie Emperor und Satyricon involviert. Der Rest unserer Mannschaft ist aber seit `Quintessence` gleich geblieben.“

Und da das bestehende derzeitige Line-Up seiner Meinung nach „das bisher Beste“ ist, hofft Øystein laut eigener Aussage verständlicher Weise auch, daß dies für sehr viele Jahre so bleibt. Wenn man die neue Veröffentlichung so im Ohr hat, teilt man seine Meinung.

„Empiricism” ist ohne Übertreibung eines der besten Alben der ganzen Karriere der Norweger. Mein Gesprächspartner erzählt weiter: „`Empiricism` ist eine Art `Oberbegriff` der lyrischen Ausrichtung unserer neuen CD. Der Titel hat einen kleinen wissenschaftlichen Touch, denn er wird in solchen Fachkreisen oft zitiert. Er bedeutet soviel wie die Basis für das Bewußtsein für die Nutzung der fünf Sinne. Wir wollten diesen Begriff in philosophischer Art und Weise verwenden und ihn gleichzeitig als Dreh- und Angelpunkt zwischen dem inneren und dem äußeren Raum unseres Bewußtseins versinnbildlichen. Oder des inneren beziehungsweise äußeren Kosmos´; ganz, wie man will.“

Die Songtexte auf „Empiricism” sind allesamt sehr persönlicher Natur.

„Sie sind sehr tief in uns allen verwurzelt und können im übertragenen Sinne als ein philosophischer Speerwurf direkt gegen die heutige Welt gesehen werden.“

Das aktuelle Werk wurde diesmal in Norwegen aufgenommen. „In den Fagerborg und den Toproom-Studios, wo auch Mayhem ihre letzte Scheibe `Grand Declaration of War` auf Konserve gebannt hatten. Unser Material wurde von Børge Finstad aufgenommen und abgemischt, der auch mit Mayhem arbeitete. Wir hatten die dortigen Örtlichkeiten für zwei Monate gebucht, aber am Ende der Aufnahme-Sessions hatten wir höchstens sechs bis sieben Wochen effektiv genutzt. Der Rest der Zeit war sehr relaxter Atmosphäre unterworfen. So konnten wir frei von Zwängen arbeiten, nicht so die `von neun bis sechs`-Schiene. Es war wahrlich eine zur Abwechslung mal sehr schöne Erfahrung für uns, in diesen Studios aufzunehmen. Wir können sie nur weiter empfehlen.“

Betrachtet man die verwendeten Thematiken in den Alben von Borknagar, möchte man bei meinem Interviewpartner auf einen sehr spirituellen Menschen schließen. Was zutreffend ist.

„Ja, ich bin sehr interessiert an allen okkulten Themenkreisen, die auch das wissenschaftlich Unerklärbare behandeln.“ Jedoch ist es Øystein laut weiterer Aussage unmöglich, seine ganze Meinung zu diesem Thema hier auszubreiten. Zu viele verschiedene Ansichten und Gesichtspunkte müßte er hierzu vor den Lesern ausbreiten. Lediglich sei, so der Mann, noch zu erwähnen, daß spiritueller Okkultismus für ihn mehr bedeute, als den Lehren aus LaVeys Bibel und ein paar Pentagrammen zu frönen. Außerdem ist er noch aktives Mitglied der Aasatru Community in Norwegen, was er noch als Anhaltspunkt für Interessierte liefert.

Na gut, er hat ein verdammtes Recht darauf, dies für sich zu behalten. Interessant wäre es aber doch gewesen. Auf das neue Album setzt er trotz mannigfaltiger Erfahrungen im Biz und damit verbundenen großen Erfolges eine ganz eigene Hoffnung:

„Unsere eigenen künstlerischen Ziele haben wir mit `Empiricism` zweifelsohne erreicht. Mir ist es ehrlich gesagt egal, ob wir davon 10.000 oder 100.000 Exemplare des neuen Albums verkaufen, so lange wir weiterhin auf der bestehenden Basis Musik machen können. Ich wollte niemals ein Rockstar werden, sondern lediglich gute und dauerhafte Musik machen, die ich einem dankbaren Publikum eröffnen kann. Das war schon immer mein größter Beweggrund.“

© Markus Eck, 08.10.2001

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