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Interview: BORKNAGAR
Titel: Geerdet

Es kommt erfahrungsgemäß eher selten vor, dass einer Veröffentlichung aus dem extremeren Metal-Bereich ein dermaßen riesenhaftes und bestechend schöngeistiges Niveau entströmt, wie es bei „Urd“ der wirklich erstaunliche Fall ist.

Doch die großen norwegischen Visionäre Borknagar erschaffen seit so einigen Jahren schon immer wieder gigantische musikalische Monumente, welche die Fans weltweit in Verzückung geraten lassen.

Letzteres liegt primär auch darin begründet, dass Gitarrist, Bandgründer und Hauptkomponist Øystein G. Brun es sich noch immer nicht nehmen lässt, künstlerisch sehr weit über den Tellerrand hinauszublicken.

Für das neue Studioalbum „Urd“ nun bewegte sich der nordische Freigeist Brun mit seiner durchweg fitten Gruppe gar weiter in neue klangliche Sphären als je zuvor.

Überdimensional konstruierte (Atmo)Sphären, packend mächtig umgesetzte Emotionen und höchst variable Vokalvorträge gilt es dabei auszukosten.

Diese koalieren auf „Urd“ ebenso avantgardistisch wie atemberaubend kongenial mit reizenden Folklore- und urwüchsigen Black Metal-Elementen.

Einen derlei interessant und geheimnisvoll klingenden Plattentitel wie „Urd“ liest man nicht aller Tage.

Und wie Øystein dazu nachfolgend in aller tiefgründigen Besonnenheit darlegt, bewegt sich der dazugehörige lyrische Kontext wie immer bei Borknagar auch diesmal wieder in philosophischen Gefilden. Andächtig formuliert er seine Worte.

„Das vorhergehende Borknagar-Album ,Universal‘ weist einen thematisch außerordentlich breit gefächerten und dem Titel entsprechenden ,universellen‘ textlichen Anspruch auf. Mittels ,Urd‘ hingegen wollten wir unsere Betrachtungsweise der Dinge wieder zurück auf die Erde geraten lassen. Das vor allem, um die Kompositionen mit einem aufgeschlosseneren und introvertierteren Fokus zu füllen. In den letzten Jahren las ich sehr viel von dem Anfang 2009 verstorbenen norwegischen Philosophen Arne Næss, der seine ökologischen Ideen etablieren konnte. Næss wird hauptsächlich zu den Begründern der Tiefenökologie gezählt. Seine Gedanken und Ansätze korrelieren sehr gut dem primären Anspruch bei Borknagar. Und Næss kann mich und die gesamte Band an sich stets hervorragend mit seinen Werken inspirieren. Mir hat dieser wunderbare Schriftsteller viel dazu geholfen, unsere Erde noch bewusster zu sehen, als dies ohnehin schon der Fall war. Der Titel ,Urd‘ reflektiert diese Aspekte nun in Vollendung. Und der Begriff klingt nicht nur schön nordisch, er ist es auch. In der nordischen Mythologie ist Urd eine der mächtigen Nornen, welche die schicksalhaften Lebenslinien der Menschheit weben.“

Im Weiteren eröffnet der Mann mit seinem selbstsicher vorgetragenen Kurz-Resümee, dass er ganz eindeutig zu der Truppe von schnellen Songwritern zählt.

„Die Basis-Riffs und hauptsächlichen Arrangements für ,Urd‘ hatte ich innerhalb von zwei Monaten fertig. Es ging mir also ziemlich schnell von der Hand, den musikalischen Rahmen des neuen Albums aufzustellen. Schon sehr viel länger nahm es mich allerdings in Anspruch, die finalen Arrangements zu erarbeiten und die Scheibe letztlich zu produzieren. So bestand der Löwenanteil der Arbeit an ,Urd‘ auch letztlich darin, unsere Kohlen sozusagen zu Diamanten zu polieren.“

Gibt man sich als geneigter Hörer den neuen Borknagar-Kreationen andächtig hin, so fällt einem die beinahe schon berauschende Anmut der unglaublich in sich geschlossenen dramaturgischen Dichte auf.

„Du willst unsere magische Formel? [lächelt … und überlegt] Eigentlich basiert unser aktuelles Schaffen beziehungsweise die erwähnte Homogenität des Werkes wieder auf sehr harter Arbeit und natürlich auf unserer jahrelangen Erfahrung. Tiefergehender vom Grundsatz her betrachtet kann ich dazu auch noch sagen, dass wir als Band unseren Instinkten folgen. Es ist daher auf ,Urd‘ sehr viel an vorangegangenem Bauchgefühl enthalten, welches uns beim Erstellen der neuen Lieder leitete.“

Schließlich erläutert der Gitarrist noch die Hintergründe zu einem für ihn sehr speziellen Bonus Track.

„Als ich noch ,jung‘ war, zählte ich zu den allergrößten Metallica-Fans auf dieser Welt. Ihre beiden Alben ,Ride The Lightning‘ und ,Master Of Puppets‘ zählen eindeutig zu den Meilensteinen meines Metal-Lebens. Und in dieser Hinsicht bin ich ja bekanntlich auch nicht der Einzige! [lacht] Nachdem sie das meiner Ansicht nach ziemlich langweilige Album ,…And Justice For All‘ veröffentlichten, verlor ich zwar ein wenig das Interesse an der Band, aber meinen großen Respekt für Metallica beziehungsweise für das kompositorische Talent von James Hetfield büßte ich niemals ein. Der Mann ist einfach ein Genie, wenn es darum geht, Riffs zu machen. Als das deutsche Metal Hammer-Magazin eine CD zum 20-jährigen Geburtstag des berühmten ,The Black Album‘ veröffentlichen wollte, entschieden wir uns, den Song ,My Friend Of Misery‘ hierfür beizusteuern. Gerade für mich stellt das einen Glücksfall dar, denn das Lied ist mein ganz persönlicher Favorit auf dieser 1991er Metallica-Scheibe. Nachfolgend gefiel uns die neu vertonte Nummer gar so gut, dass wir sie nun auf die Digipak-Edition von ,Urd‘ gepackt haben.“

© Markus Eck, 13.03.2012

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