Interview: | DEVLIN |
Titel: | Der mit dem Teufel tanzt |
Wer meint, trotz jahrelanger intensiver Genrestudien bereits alles gehört zu haben und lamentierend die stagnierende Metal-Szene betrauern zu müssen, wird nun von Siebenbürgen-Axeman Marcus Ehlin mit aller Macht eines Besseren belehrt: Mittels hochmelodischem und verspieltem Dark Heavy Metal, dessen funkensprühende Ideenvielfalt und klanglich grundehrliches Erscheinungsbild gleichermaßen für sich einnehmen können.
Ebenso charismatischer wie signifikant individueller Vollweibsgesang vom Feinsten, durchgehend getragene und doch sehr Riff-freudige Gitarrenarbeit sowie herrlich inszenierte Keyboardarrangements toben sich mittels eines sehr stabilen Songwritinggerüsts gar ausgelassen auf „Grand Death Opening“ aus.
Es war dem Autoren schon klar, dass wenn Ehlin ein solches Projekt ins Leben ruft, nichts Belangloses oder Unbedarftes dabei herauskommen kann. Und genau so ist es auch.
„Grand Death Opening“, das Debütalbum von Devlin überzeugt, ja besticht vom ersten Song an durch hitverdächtige Schwermetallkompositionen dramatischen Zuschnitts, welche mit einem Höchstmaß an musikalischer Passion eingespielt wurden.
Ganz so also, wie man es eben von Siebenbürgen her kennt und seit Jahren inbrünstig liebt.
Nachdem ich ihm meine aufrichtige Liebe zu Siebenbürgen schon vor längerer Zeit eingestanden hatte, offenbare ich meinem schwedischen Namensvetter nun auch meine tiefe Zuneigung für Devlin.
„Meine Kreativität wurde mit den Jahren seit der Gründung Siebenbürgens immer noch größer, was ganz normal ist, wie ich denke. Mit der Zeit arbeitete ich so eine ganze Menge an mitunter recht voneinander differierenden Ideen aus, welche ich bei Siebenbürgen nicht verwenden konnte, was bereits irgendwann um 1994 zum Gedanken an Devlin führte. Darüber bin ich im Nachhinein sehr, sehr froh, denn die Aufnahmen zum neuen Album `Grand Death Opening` waren ein echt tolles Erlebnis für mich. Ich begann im Juni 2002 und beendete sie im September“, freut sich der sympathische Sixstringer über meine einlassend lobenden Worte ob seiner neuen musikalischen Offenbarung.
Aufgenommen wurde „Grand Death Opening“ in den Dead Bitch Studios und Marcus hatte alle Hände voll zu tun.
„Ich fungierte als Musiker, Techniker und Produzent. Eine ganze Menge harter Arbeit, aber das Resultat befriedigt mich nun umso mehr. Das Album ist somit für mich jeden Tropfen eingebrachten Herzblutes vollauf wert.“
Am Anfang stand wie erwähnt die Vorstellung, etwas grundlegend Neues zu inszenieren, wobei auf Halde gelegte Ideen Verwendung finden sollten, wie der Gitarrist weiter berichtet.
„Ich wollte irgendetwas bisher noch nicht da Gewesenes zum Leben erwecken, etwas ohne musikalische Grenzen. Mit Siebenbürgen war ich doch irgendwie in einem gewissen Klang- und Kompositionsschema eingebunden, worauf die Fans natürlich auch ein volles Recht haben. Bei Devlin nun ist das Gegenteil der Fall, ich kann mich kreativ völlig frei bewegen und mich von meiner Inspiration treiben lassen, das Meiste aus meiner Kreativität herausholen. Das war im Nachhinein die Triebfeder der Bandgründung von Devlin. Da ich mein `zwischengelagertes` Material einfach für zu schade befand, um in der Schublade zu verstauben, habe ich mit Devlin die optimale Verwendungsmöglichkeit gefunden.“
Die neuen Songs auf seinem Debütalbum geben dem Stockholmer vorbehaltlos recht. Doch wird man bei Devlin vor Überraschungen niemals sicher sein, warnte der Gitarrist mich vor. „Devlin wird niemals aus nur `einem Sound` bestehen, sondern mit dieser Band werde ich sehr experimentierfreudig vorgehen. Deswegen habe ich sie ja auch gegründet, seit also vorbereitet und erwartet eher Unerwartetes. Einige der Songs sind schon viele Jahre alt, einige sind brandneu, was auch deutlich zu hören ist.“
Endlich kommt unser Gespräch dann an den Punkt, an dem ich Marcus das Geheimnis des Bandnamens entlocken kann, wobei dieser mir aber nur zu gerne und bereitwillig Auskunft gibt.
„Devlin steht für irgendwas schlechtes im Menschen, für Tod in all seinen ausufernden und auch heldenhaft glorifizierten Formen. Für dunkle Obsessionen in der denkbar reinsten Ausformung. Für Träume und Leidenschaft, die Schönheit des Sterbens. Devlin ist ein selbstmörderischer musikalischer Albtraum, ein Tanz mit dem Teufel.“
Wie ich weiterhin erfahre, besteht Devlin lediglich aus zwei Musikern, einer davon ist ja bekanntlich Marcus.
„Für `Grand Death Opening` spielte ich sämtliche Gitarren ein, übernahm die Keyboards und das Drum-Programming. Meine jetzige Sängerin Lexi fand ich recht schnell, nachdem mich meine alte Mitstreiterin kurzfristig und völlig überraschend verlassen hatte.“
Und wer nun meint, dass die hohe musikalische Qualität Siebenbürgens jetzt in irgendeiner Weise unter den neuen Aktivitäten von Ehlin leiden wird, der soll laut Aussage des Devlin-Protagonisten nicht recht bekommen.
„Siebenbürgen haben mich die letzten acht Jahre als Künstler immens unter Beschlag genommen, deswegen macht es mir einen Riesenspaß mit Devlin etwas grundlegend anderes zu machen. Was aber absolut nicht zu bedeuten hat, dass ich das Interesse an Siebenbürgen reduziert habe. Im Gegenteil, durch die Erfahrung mit Devlin bin ich kreativer denn je zuvor und kann es kaum erwarten, diese neue und frische Kreativität in Siebenbürgen einfließen zu lassen. Ich habe dadurch eine für mich grundlegende Erfahrung aufgefrischt: Je mehr Musik man schreibt, desto erfahrener und nachfolgend auch besser wird man darin.“
Dieses grundehrliche Statement sollten sich so einige Musiker von mit den Jahren hörbar ziemlich lustlos gewordenen Acts eigentlich hinter ihre Ohren tätowieren lassen.
© Markus Eck, 17.10.2002
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