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Interview: DIE VORBOTEN
Titel: Sprengung sämtlicher Metal-Grenzen

Im Jahr 2009 begann diese alles andere als gewöhnliche Musikervereinigung aus dem Bereich Mecklenburg-Vorpommern damit, den künstlerischen Urknall im eigenen kreativen Universum zu zünden.

Und letzteres scheint sich nicht nur im Probenraum des unglaublich talentierten fünfköpfigen Anti-Konventions-Kommandos auch weiterhin nach allen Seiten auszudehnen.

Die viel versprechend klingende Band nennt ihren ebenso dynamischen wie begeisternd vollmelodischen Auswurf kurz und knapp Kraut-Metal, und erinnert damit nicht selten an das beliebte Treiben der Apokalyptischen Reiter.

Denn dargeboten wird mitreißend querköpfiger Rebellionssound mit intelligenten deutschen Texten, auf dessen elektronischer Schlagseite sich die Verursacher wahre instrumentelle Kapriolenwettbewerbe liefern. Adäquat überdacht wird das Ganze vom neuen Album „Aufschrei“.

„Vorboten verkünden immer etwas. Wir wollen vieles verändern. Anders mit der Musik umgehen, anders mit den Inhalten. Etwas Neues verkünden, uns unsere eigene Identität aufbauen, die wir Kraut-Metal nennen. Wir sind die Vorboten des Kraut-Metal“, lässt Sänger und Gitarrist Karsten Palitschka mit gigantisch hohem Selbstwertgefühl verlauten.

Und er legt gleich noch nach: „Mir gibt dieser Bandname sehr viel Kraft. Er baut mich auf, macht mich zum Teil der Verkündung.“

Um Musik und Attitüde der Band in genau diese Richtung zu lenken, dafür benötigten die Mitglieder der Combo laut Karsten keinen plötzlichen Auslöser.

„Vielmehr haben sich Musik und Attitüde im Prozess entwickelt. Es geht uns dabei darum, die Themen anzusprechen, die wirklich von Belang sind, weil sie gegenwärtig sind und uns selbst betreffen. Wir wollen nicht einfach nur Geschichten erzählen, sondern unser heutiges Lebensgefühl zum Ausdruck bringen, es herausschreien. Uns ist wichtig, unseren Sound in eine Richtung zu treiben, die stark von den Experimenten unseres Keyboarders ausgeht, auch wenn der herkömmliche Metal das so nicht vorsieht. Gerade das starre Metal-Korsett bewegt uns dazu es eben nicht zu tragen und andere Wege zu gehen, auch wenn das auf Gegenwind stößt.“

Viele einheimische Hörer finden sich in den Texten wieder, so der Vokalist. Diese Hörer haben der Band viel dazu zu sagen und nehmen die Musik der Vorboten nicht einfach nur als Musik hin, sondern können durch die Themen einen größere Bindung aufbauen, wie in Erfahrung zu bringen ist.

„Andererseits gibt es viel mehr Leute, welche die Texte gar nicht wahrnehmen. Weder bei uns, noch bei ihren eigenen Lieblings-Bands. Ich schätze, Inhalte sind in der Metal-Szene im Laufe der Jahre etwas verkommen. Viele Metal-Bands schreien unverständlich. Thematisch dreht es sich meist weniger um reale Themen, als um Fantasy, Horror oder Religion. Dazu kommt, dass es in Deutschland kaum deutschsprachige Metal-Bands gibt. Ich glaube sogar, viele haben den Zugang zum Inhalt verlernt. Das merken wir auch bei uns. Sogar der Großteil der Rezensenten ignoriert die Texte.“

Machen sich denn Fans aus dem Ausland die Mühe, die Vorboten-Texte zu übersetzen und zu verstehen? „Wir haben noch nicht so viele ausländische Fans. Und ich habe noch nicht gehört, dass sich einer unsere Texte übersetzt hat. Das wäre mal interessant.“

Wir unterhalten uns danach darüber, was genau die Hörer nun auf musikalischer Ebene auf dem kommenden Album erwartet. Karsten: „Es ist ein sehr melodiöses Metal-Album, dass viele Experimente seitens des Keyboarders freilässt und in deutscher Sprache Themen behandelt, die direkt vor unserer Tür stattfinden. Kritisch und aufputschend.“

Die künstlerischen Ziele für das aktuelle Werk hatten die Macher laut Aussage des Sängers sehr hoch angesiedelt. „Wir haben mit Kraut-Metal ein eigenes Genre dafür ausgerufen. Am schwersten ist es, seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Wir haben uns hohe Ziele gesteckt und sind stets dabei diese Richtung weiter zu gehen, auch wenn man von links und rechts die Peitsche dafür kriegt.“

Was das Songwriting der neuen Kompositionen anbelangt, das war laut Statement von Karsten für das aktuelle Album „Aufschrei“ relativ gleich gewichtet, und zwar zwischen ihm und Keyboarder Philipp Krätzer.

„Die Texte hingegen stammen allesamt komplett von mir. Ich habe hierfür kein festes Vorbild. Einflüsse kommen von überall her. Ob textlich oder musikalisch konsumiere ich aus unterschiedlichen Genres und finde am Ende des Songwritings nicht zu den Ursprüngen zurück. Mit deutschsprachigem Texten, realitätsnahen Inhalten und starkem elektronischem Einschlag sehe ich uns ohnehin als Exotenband in der Metal-Szene.“

Karsten selbst hört seit längerer Zeit sehr wenig Musik. „Allerdings beschäftige ich mich schon gerne mit anderen Genres, wenn ich dazu komme. Entspannt natürlich auch. Aber natürlich nicht jede Musik“, gibt er unter einem Grinsen vor.

Live-Auftritte 2011 auf Bühnen vor Publikum sind auch bereits dingfest gemacht. „Wir spielen zu Pfingsten auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig, haben in letzter Zeit ziemlich viel in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein gespielt und lassen kaum eine Gelegenheit aus. Wir lieben es live zu spielen. Also wer uns buchen will, wir sind leicht zu haben“, knallt es aus ihm raus, von einem lauten Lachen begleitet.

Mehr noch: „Wir wollen auf jeden Fall die Kraft dafür haben, um in Zukunft genauso fleißig zu sein wie die letzten eineinhalb Jahre. Und ansonsten wollen wir so viel auf der Bühne sein wir nur möglich!“

© Markus Eck, 27.05.2011

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