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Interview: DIMMU BORGIR
Titel: Manisch misanthropisch

Ergebene Anhänger von bombastisch inszeniertem Orchestral Black Metal feiern mit ihren Veröffentlichungen immer wieder wahre Freudenfeste.

Letztes Jahr 2003 veröffentlichen Dimmu Borgir in Form von „Death Cult Armageddon“ ihr neuestes und sechstes Studioalbum. Damit vollzogen die beliebten Norweger Dunkelfürsten einen immens wichtigen Schritt in ihrer Bandkarriere.

Denn der aktuelle Schwarzgeniestreich weist eine klug vollzogene Rückbesinnung zu anfänglich atmosphärischen Klangtugenden auf und richtet den kalten Dornenzeigefinger simultan auch in eine spieltechnisch viel versprechende Kompositionszukunft.

Mittels massiver denn je zuvor eingebrachter Orchestrierungen, welche dieses Mal durch ihren scheinbar überragenden Gigantismus gar an monumentale Hollywood-Filmsoundtracks erinnern, entströmt diesem wahren Akustik-Armageddon meisterhaft episches Horrorflair von verzehrender und morbider Musikschönheit.

Damit gelang dem beständigen Osloer Starsextett eine hochexplosive und fesselnde Schwarzstahlüberraschung, mit der wohl niemand gerechnet hatte, nicht einmal die eisernsten Fans.

Und Verbaldämon Shagrath, stimmgewaltiger Frontkreischer von vertonten Alpträumen, ist aufgrund der durchklingenden dunklen Leidenschaft seines bizarren Gesangs noch immer ein mysteriöses Faszinosum. Und damit auch gleichzeitig Objekt vielerlei Spekulationen hinsichtlich seines rätselhaften Geisteszustandes.

Wie auch immer: Die finale Wahrheit liegt letztendlich irgendwo da ‚drin’.

Ganz bestimmt ist Shagrath aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein manipulierter Durchschnittsmensch.

Ob Misanthropie heilbar ist, hängt vom Zutun des Befallenen ab. Aber ob Dimmu Borgirs finstere Stimme überhaupt einer Therapie bedarf?

Eine fundierte Analyse wird Gewißheit bringen; man wird es nach der Sitzung wissen.

Metalmessage: Welche ideelle Triebfeder bestimmt dein Tun?

Shagrath: Es kommt alles aus meinem tiefsten Innern; direkt aus dem Herzen. Die Sehnsucht nach der Dunkelheit und nach der Unerklärlichkeit der Mystik war schon seit ich denken kann in mir und wird immer da sein. Ich kenne es nicht anders.

Metalmessage: Deine Stimme flößt vielen Angst ein; hast du überhaupt noch vor etwas Angst auf dieser Welt?

Shagrath: Ja, vor einer Art Gewißheit, meine visionären Träume irgendwann nicht realisiert zu haben.

Metalmessage: Was ging in deinem schlimmsten Alptraum ab?

Shagrath: Ich tötete einen Menschen. Zum Glück wachte ich schweißgebadet auf... Der Traum ließ mich tagelang nicht mehr los; deuten konnte ich ihn jedoch nicht.

Metalmessage: Haß scheint das primäre Element im Timbre deines Gesangs zu sein. Haßt du diese Welt und ihre Bewohner denn so sehr?

Shagrath: Ja, die Mehrzahl der zwischenmenschlich sehr oberflächlichen Humanoiden verachte ich aus vollstem Herzen. Ich habe gewisse ethisch-edle Prinzipien, und die sehe ich täglich global verletzt. Der Schmerz darüber diktiert meiner Seele immense Abscheu vor dem Weltgeschehen.

Metalmessage: Verständlich; also würdest du gelegentlich ganz gern in eine andere Epoche entfliehen, oder?

Shagrath: Ja, das Mittelalter würde mich sehr reizen. Eine dunkle Ära der Historie. Zu gerne würde ich mal eine Weile in dieser Zeit leben und einen realen Blick ins Geschehen riskieren; Inquisition und lodernden Scheiterhaufen allerdings lieber als versteckter Beobachter beiwohnen.

Metalmessage: Welche Beziehung hast du zu weiblichen Wesen und ihren vielen Reizen?

Shagrath: Weibliche Wesen können den männlichen sehr gefährlich werden und sie zu allerlei verführen. Man(n) fällt leicht in ihre ausgelegten Fallen; besonders, wenn man in diesen Belangen mit dem Herzen denkt.

Metalmessage: Wie definierst du demnach erfüllenden Sex?

Shagrath: Sex ist sehr wichtig. Qualitativ-befriedigende Sexualität kann man nur mit dem richtigen Partner erreichen. Aber das ist für mich eine sehr persönliche und sehr wertvolle Sache, die ich lieber für mich behalten möchte.

Metalmessage: Da wir schon dabei sind; wie gehst du mit etwaigem Liebeskummer um?

Shagrath: Ich höre die depressivste Musik, die ich in meiner Sammlung finden kann. Außerdem betrinke ich mich dann des öfteren so richtig. Eine gute Kombination, um differenzierte Perspektiven zu sehen.

Metalmessage: Du bist noch jung; wie lange willst du diese schaurig-schöne Musik machen?

Shagrath: Im Moment kann ich mir ein Aufhören, egal wann, überhaupt nicht vorstellen.

Metalmessage: Was stellt das Wertvollste dar, das du besitzt?

Shagrath: Diese Frage kann ich dir leider nicht beantworten, da mir beim besten Willen keine Antwort einfällt. Das kommt selten vor. Sollte man sich eigentlich öfter selbst fragen, um die wirklich wichtigen Dinge nicht zu verkennen.

Metalmessage: Was wäre andererseits dein größter vorstellbarer Verlust?

Shagrath: Die Leidenschaft für Musik zu verlieren.

Metalmessage: Das beantwortet auch die vorletzte Frage indirekt. Warst du eigentlich schon als Kind etwas „anders“?

Shagrath: Ich war von Anfang an das schwarze Schaf der Familie, daß immer nach neuen Extremen suchte. Dafür war ich auch sehr bekannt. Heute weiß es die ganze Welt.

Metalmessage: Was glaubst du, befindet sich hinter dem bekannten Universum?

Shagrath: Unmöglich zu beantworten. Wichtig ist es, seinen Platz im bekannten Kosmos zu finden.

Metalmessage: Noch mal: Außerirdische landen, beamen sich in dein Haus und stehen samt Astro-Dolmetscher vor dir. Wie reagierst du?

Shagrath: Ich flehe sie an, mich mitzunehmen in ihre Galaxie und mir ihre Welt zu zeigen.

Metalmessage: Betest du Satan an?

Shagrath: Ich denke satanisch, wenn du das hören wolltest. Auf eine gewisse Art rebellisch. In jedem Menschen geben sich Gut und Böse die Klinke in die Hand. Satan ist für mich mehr ein Ausdruck, eine Metapher für das Böse.

Metalmessage: Wie beurteilst du die momentane Situation auf dem Planeten Erde. Haben wir am Ende doch noch eine Chance?

Shagrath: Lies die Zeitungen und verachte die Menschheit! Welches Individuum zerstört schon wissentlich seinen Lebensraum und vorhersehbar am Ende sich selbst?

Metalmessage: Ähem, bist du Sado oder Maso?

Shagrath: Ich muß dich enttäuschen. Weder das Eine noch das Andere!

Metalmessage: Welche Schande trägst du mit dir herum? Sprich dich aus...

Shagrath: Jeder Mensch macht Fehler. Aber man sollte daraus lernen. Erst bei bewußter Wiederholung entsteht wirkliche Schande.

Metalmessage: Angenommen, du würdest durch imaginäre Ereignisse zum Herrscher der gesamten Nationen; was würde sich ändern?

Shagrath: So ziemlich alles, außer Dimmu´s schwarzer misanthropischer Style. Er stellt mein Leben dar.

Metalmessage: Jeder muß mal gehen. Wie wird deine Beerdigung aussehen?

Shagrath: Auf jeden Fall möchte ich in einem tiefschwarz-glänzenden Sarg so tief als möglich in die Erde gehoben werden. Und ich möchte auf keinen Fall auf einem Friedhof zum Spuken verurteilt sein. Lieber mitten in einem riesig großen und geheimnisvollen Wald.

Metalmessage: Welche Lebensdirektive möchtest du abschließend den zahlreichen Fans deiner Band vermitteln?

Shagrath: Findet euren eigenen individuellen Weg im Leben und laßt euch nicht von falschen Leitbildern der Massen benebeln. Folgt der Stimme eures Herzens und seid vor allem ehrlich zu euch selber!

Patient: Shagrath, Sänger
Psychischer Befund: Geistig kerngesund

© Markus Eck, 19.01.2004

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