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Interview: EDENBRIDGE
Titel: Von Trends unbeeindruckt

Nicht nur, dass die österreichische Bombast Metal-Band um Gitarrist und Songwriter Arne Stockhammer alias Lanvall seit Jahren entschlossen an ihrer betont qualitativen Schaffensvision von epischem und ausladendem Songmaterial festhält. Sondern Edenbridge werden darin auch immer besser. Auch Sängerin Sabine Edelsbacher brilliert auf dem neuen Studioalbum „The Grand Design“ in bisheriger Bestform, ihren zu bezaubernder Pracht aufblühenden Stimmlinien wurde nicht umsonst auffallend großer Raum gewährt.

„Natürlich hatte ich damals bei der Bandgründung ein ganz spezielles Ziel vor Augen. Edenbridge wurden ja nicht wirklich neu gegründet sondern gingen direkt aus einem anderen Projekt hervor. Das große Ziel lag dann vor Augen als wir unsere erste CD in Eigenfinanzierung aufnahmen, eine Menge eigener Kohle investierten und damit bei den Plattenfirmen vorstellig wurden. Innerhalb von zwei Wochen hatten wir einen Deal und von da an ging dann alles so richtig los. Ich denke, dass wir mittlerweile eine Menge erreicht haben, aber auch noch ein weiter Weg vor uns liegt. Ich hoffe einfach, dass sich Beständigkeit auszahlt. Wir können auf eine sehr konstante Fanbasis zurückgreifen, die den Weg mit uns geht. Somit glaube ich auch, dass sich unser Weg auszahlt, niemals auf irgendwelche Trends aufgesprungen zu sein“, berichtet Lanvall.

Der klassisch ausgebildete Saitenmann sieht Edenbridge als eine relativ eigenständige Band an:

„Die meisten Bands gerade im Female Vocals-Bereich kann man ganz klar zuordnen, was bei uns nicht zutrifft, da unser Stil wesentlich breit gefächerter ist und wir uns auch von Album zu Album verändern – was für mich persönlich eminent wichtig ist. Ich würde mich sonst zu Tode langweilen. Edenbridge bedeutet mir sehr viel, gerade natürlich was den Live-Sektor betrifft.“

Sein Leben ist seit seiner Kindheit untrennbar mit Musik verbunden, wie er außerdem erzählt.

„Meine Eltern entdeckten relativ bald meine musische Begabung und ich besuchte eine Volksschule mit Schwerpunkt Musik – tägliche Musikstunde mit Chor und Orchester. So fing ich dann auch mit sieben Jahren an Klavier zu erlernen und nahm zwölf Jahre lang klassischen Unterricht. Als Teenager entdeckte ich dann Heavy Metal, brachte mir selbst zuerst das Bassspielen bei – was mir dann allerdings relativ schnell zu langweilig wurde […] – und lernte Gitarre. Entscheidend für diesen Schritt war glaube ich Tony MacAlpine´s „Maximum Security”-Album, da auch ich großer Chopin-Fan bin und diese Gemeinsamkeit bei ihm entdeckte. Mit 22 setzte ich dann alles auf eine Karte. Ich brach mein Wirtschaftsstudium ab und schrieb mich am American Institute of Music in Wien ein, das in etwa vergleichbar war mit dem GIT in Los Angeles, nur viel kleiner natürlich. Dort machte ich mein Diplom in „Rock Guitar”. Zu dieser Zeit hatte ich auch schon den ersten Plattenvertrag in der Tasche für mein Soloprojekt, mit dem ich drei CDs in den Neunzigern veröffentlichte.“

Seine eigene Musik anderen Menschen zu beschreiben, stellt ihn vor ein kleines Problem.

„Keine leichte Aufgabe. Bombastischer, symphonischer Metal mit weiblichem Gesang und mittlerweile vielen Chören und Backing Vocals von Robby Valentine und Dennis Ward. Zudem verarbeiteten wir schon immer eine Menge Einflüsse aus anderen Stil- und Kulturbereichen, da wir relativ viele Metal-fremde Instrumente mit einbeziehen wie beispielsweise Sitar, Saz, Gu Zheng, Mandoline, Pipa, Shamisen, Koto und Bouzouki.“

Da die Musik von Edenbridge sehr breit gefächert ist, setzt sich auch die Anhängerschicht der Band sehr unterschiedlich zusammen, wie weiter in Erfahrung zu bringen ist.

„Ich denke, dass wir sowohl Fans aus dem Gothic-Lager, als auch AOR- und Melodic Rock-Fans sowie Metal-Fans, als auch Fans, die normalerweise überhaupt nichts mit Metal zu tun haben, vereinen. Das gefällt mir gut, da ich dieses Schubladendenken im Metal sowieso bescheuert finde. Die Leute sollten einfach geistig offener sein, da es so viel großartige Musik zu entdecken gilt. Es lohnt sich jedenfalls mal über den Tellerrand hinauszublicken.“

Das neue Album als Ganzes entstand in Lanvalls´ Farpoint Station Studio sowie im Thin Ice Studio in England, wie der Gitarrist informiert.

„Die Drums nahmen wir in einem Studio in Wien auf, Robbys Chöre habe ich in seinem Studio in Holland aufgenommen und Dennis produzierte seinen Gesang in seinem Studio. Im Computerzeitalter ist das überhaupt kein Problem. Die Aufnahmen zogen sich über einen Zeitraum von drei Monaten, was wesentlich länger ist als in der Vergangenheit. Aber ein Song wie der zehnminütige Titel-Track hat auch ungefähr 160 Spuren, alleine an die 70 Chorspuren.“

Die Arbeit an einem neuen Edenbridge-Album ist für Lanvall, welcher sämtliche Songs für „The Grand Design“ geschrieben hat, immer wieder ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle, wie er bekennt.

„Einerseits ist es wunderbar, wenn man die Songs wachsen hört, wenn immer wieder neue Details dazukommen – auf der anderen Seite ist die Studioarbeit sehr auslaugend und es gab eine Menge an 15-Stunden-Tagen. Kurz vor Weihnachten 2005 waren die Aufnahmen im Kasten und ich gönnte mir mal drei Wochen Pause, da der Mix für den achten Januar 2006 in England angesetzt war. Auch hier gönnten wir uns wesentlich mehr Zeit als in der Vergangenheit und planten knappe drei Wochen für den Mix ein.“

Der Gitarrenkönner hat zwar laut eigener Aussage noch nicht den endgültigen Abstand, den man immer braucht um ein eigenes Album richtig einschätzen zu können, aber er ist super zufrieden mit dem vorliegenden Endresultat.

„Die neue Produktion geht in eine andere Richtung als in der Vergangenheit. Es ist bei weitem unser härtestes Album, die Gesänge und Gitarren sind dieses Mal das zentrale Element.“

Der von der Rhythmik her komplexeste Track des neuen Albums ist wohl „See You Fading Afar“. Lanvall erläutert hierzu:

„Viele Parts des Songs basieren auf vorgezogenen Offbeats und im Orchestermittelteil sind eine Menge chromatischer Läufe. Aber es stimmt schon, dass gerade der Chorus so wie auch alle anderen auf dem Album äußerst eingängig sind. Aber um bei den wirklich eingängigen Songs zu bleiben, die würde ich in „Evermore”, „Flame Of Passion” und „On Top Of The World” sehen. So wie immer hängt mein Herz dann aber in erster Linie an den beiden Epik-Stücken „Terra Nova” und „The Grand Design”.“

Vorab erscheint eine spezielle Single mit dem Titel „For Your Eyes Only“, die den Titelsong aus dem weltberühmten James Bond-Filmklassiker als Coverversion enthält, welcher im Original von Sheena Easton ist.

„Edenbridge haben bis jetzt noch nie eine Coverversion gemacht. Einmal waren wir relativ nahe dran, „Eagle” von ABBA zu covern, aber just in dem Moment machte Rob Rock eine Version davon. Damit war die Idee wieder ad acta gelegt. Was für mich nie in Frage kam, war, einen Metalsong zu covern. Es musste schon ein Song sein, der sich im Original ganz anders anhört und der sich für uns eignet. Als großer James Bond-Fan – der alten Filme versteht sich – kam ich dann auf „For Your Eyes Only”. Als ich unserer Plattenfirma das Demo unserer Version schickte, waren die so begeistert davon, dass sie davon eine Single machen wollten. Für die Fans denke ich ist diese Single auch interessant, da der Song nicht auf dem neuen Album drauf sein wird.“

Lanvall sammelt seine Songwriting-Ideen über einen relativ langen Zeitraum, so gewährt er Einblick.

Und er schreibt sich die entstandenen Sachen auch stets sauber auf, wie er zu berichten weiß:

„Das können Gesangslinien sein, aber auch Gitarrenriffs, Akkordfolgen, Soundscapes usw. Nach einem gewissen Zeitraum fange ich an die Ideen zu Arrangements zu verarbeiten und mache eine komplette Vorproduktion der Songs, wo ich relativ schnell feststellen kann ob Ideen funktionieren oder nicht. Eine ausgemachte Epiknummer wie der Titelsong kann dann schon mal eineinhalb Monate dauern, bis das Arrangement mit all seinen Details steht.“

Einflüsse und Inspirationen erfährt der Musikus von vielen Seiten, wie er mir offenbart:

„Ich bin leidenschaftlicher Filmfreak und ich treibe viel Sport in der Natur, Musik an sich ist natürlich immer eine Inspiration. Immer wenn ich im Studio das Gefühl eines toten Punktes habe, gehe ich raus in die Natur, wo sich oft alles wie ein Puzzle zusammenfügt. Genauso ist „Terra Nova” als letzter Song des neuen Albums entstanden. Ich brauchte unbedingt noch einen passenden Opener und das thematische Bindeglied zum Titelsong. Ich stand schon einigermaßen unter Zeitdruck und hatte noch genau drei Wochen um den Song zu schreiben, zu arrangieren und als Demo aufzunehmen, um ihn rechtzeitig vor den Aufnahmen fertig zu haben. Aber mit dieser Methode hat es funktioniert.“

Songtexte waren bei Edenbridge schon immer untrennbar mit der Musik verbunden. „Dadurch brauche ich auch sehr viel Zeit damit. Ein bis zwei Monate kann es dann schon dauern um die richtige Inspiration dafür zu finden. Die Texte entstehen meist am Ende wenn sämtliche Songs fertig sind und ich auf der Suche nach dem roten Faden bin, der sich durch den jeweiligen Song zieht. Der Titel des betreffenden Albums kristallisiert sich meistens schon etwas früher heraus und man bekommt das Gefühl in welche Richtung sich die Lyrics dann entwickeln könnten. Im Falle von „The Grand Design” war es relativ klar, dass sich der Titelsong mit dem Thema Schöpfung aber auch der Zerstörung der Erde befasst. Diesen Makrokosmos wollte ich dann aber bei den anderen Songs in einem Mikrokosmos weiterführen, nämlich das Leben eines Einzelnen, das Alpha und Omega, der Anfang und das Ende und die Gefühlsebenen dazwischen.“

„Terra Nova”, der Opener, ist das Bindeglied zwischen beiden Kosmen, erläutert Lanvall.

„Die Geburt sozusagen. Das zieht sich dann über Leidenschaft („Flame Of Passion“), Liebe („Evermore“), Sehnsucht („The Most Beautiful Place“), Schmerz einer Trennung („See You Fading Afar“), ein Gefühl der Unzerstörbarkeit („On Top Of The World“) bis zum Tod („Taken Away“).“ Das Ganze geht dann im Titeltrack „The Grand Design” auf, wie der Songwriter noch ergänzt.

In erster Linie ist dem Gitarristen natürlich die Musik wichtig, so konstatiert er.

Aber er findet es natürlich auch schön, wenn er Mails von Fans bekommt, was den Inhalt der Edenbridge-Texte betrifft. „Dies ist allerdings eine kleine Minderheit. Den meisten scheint dies relativ egal zu sein. In den Reviews von Alben wird ja auch selten bis gar nicht auf die Lyrics eingegangen. Wer hat denn heute auch noch die Zeit sich damit eingehender zu beschäftigen?“ Eine berechtige Gegenfrage.

Er fährt in diesem Kontext fort: „Ich denke, dass die Lyrics einen wichtigen Teil des Gesamtkonzepts einer Band ausmachen. Vielen ist das egal, mir aber nicht. Man kann bei der Musik, die wir machen, nicht über Partys, Sex´n´Drugs oder Drachen schreiben. Ich sehe Musik als Kunst an, zumindest sollte Musik Kunst sein und dementsprechend sollten auch die Lyrics durchdacht sein.“

Edenbridge spielen im Sommer dieses Jahres 2006 ein Stadionfestival in Oslo und planen gerade noch weitere Festival-Dates. „Für Herbst ist dann auf jeden Fall eine Tour in Planung. Ich hoffe, dass wir mit dem neuen Album einen großen Schritt nach vorne kommen und möchte mich schon jetzt bei unseren Fans für ihre treue Unterstützung bedanken. Besten Dank an dich, Markus, für das Interview!“

© Markus Eck, 09.03.2006

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