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Interview: EISREGEN
Titel: 100 Prozent in die Fresse


Ende 2013 konnte der Thüringer Gesellschaftsschrecken um Sänger und Schocklyriker Michael ,Mitch‘ Roth mit den Fans ein Album-Jubiläum feiern.

„Todestage“ markierte den zehnten Langspieler in der Historie der 1995 gegründeten Horror Dark Metal-Band. 2015 dürfen nun erneut die Korken knallen, um das 20-jährige Bestehen von Eisregen zu würdigen. Das neueste Lebenszeichen setzen die Gruselmusikanten nun mit der schmissigen EP „Brummbär“, die als Vorhut zum neuen Album „Marschmusik“ kommt.

Ganz entspannt
„Wie schon bei den letzten Alben ist unser Drummer Yantit auch im aktuellen Fall wieder als Hauptsongwriter zuständig gewesen. Und wie bei allen Eisregen-Alben habe ich die Textkonzeption und deren Umsetzung übernommen. Wir haben gemeinsam nach den ganzen Arrangements geschaut. Und unser alter Keyboarder Froebing hat einige schöne Tastenpassagen beigesteuert.“

Die Leadgitarren-Parts stammen von Markus Stock alias Schwadorf, den man von Empyrium, The Vision Bleak und Ewigheim kennt.

„In Schwadorfs Studio Klangschmiede E wurden die neuen Stück klanglich final aufbereitet. Wir sind in der glücklichen Position, dass Yantit ein komplett eingerichtetes Tonstudio besitzt und wir jederzeit nach Lust und Laune an unserer Musik schrauben können. Dies haben wir seit Dezember weidlich ausgenutzt und die Songs in aller Ruhe ausgearbeitet, ohne irgendwelchen zeitlichen Druck. Und das hört man dem fertigen Album auch an, hierzu ist nichts überstürzt worden und alles genau so, wie es sein soll“, erzählt Mitch.

Erdige Erscheinung
Markus ist der ostdeutschen Formation seit vielen, vielen Jahren ein treuer Freund geworden, wie der Vokalist anerkennend ergänzt. „Und mit Freunden lässt es sich immer am besten arbeiten. Wir wollten für ,Marschmusik‘ ein erdiges, druckvolles und in keinster Weise steriles Soundgewand haben. Und dabei hat sich Markus einfach diesmal selbst übertroffen. Der Sound auf ,Marschmusik‘ übertrifft bei weitem meine Erwartungen. Gerade die Vocalparts sind 100 Prozent in die Fresse. Perfekt. Wir haben bei einigen Songs bewusst gewisse Parts auf ein Minimum reduziert. Bei anderen Parts wurde dafür mächtig aufgedreht. Der Abwechslungsreichtum der Stücke ist enorm, seit jeher eine Stärke von uns. Und: Die Stärke der Refrains bei vielen Songs ist nicht zu verachten! Außerdem ist ,Panzerschokolade‘ so ein Lied, das man nur alle paar Jahre mal schreibt. Da kommt man dann schon selbst ins Grübeln.“

Auf Abwechslung ausgelegt
Mit Eisregen verbindet Mitch immer die Maxime „Extreme Musik basierend auf extremen Textkonzepten“, wie er zu ergänzen weiß.

„Das ist es, was Eisregen auszeichnet und auch ausmacht. In dieser Hinsicht haben wir auf ,Marschmusik‘ unsere selbst gestellte Aufgabe geradezu vorbildlich erledigt. Und, was die ,Brummbär‘-EP angeht: Ich mag EPs. Sie geben einem die Möglichkeit sich so richtig auszutoben und den Fans auch ein paar alternative Songversionen zu bieten. Dies haben wir auf der EP beispielsweise mit „Gott der Panzer‘ getan, im Gegensatz zur später erscheinenden Albumvariante mit durchgehend extrem harschen Vocals, was auch seinen Reiz hat. Zudem gibt es interessante Remixe zu früheren Eisregen-Songs mit Kriegsthematik zu hören, namentlich ,Auf ewig Ostfront‘, ,Schakal‘ und ,Eisenkreuzkrieger‘, die befreundete Künstler angefertigt haben. Tanz Soldat, tanz an der Ostfront...“

Dem Grauen zugetan
Die textlichen Bezüge zum zweiten Weltkrieg gibt es auf dem neuesten Eisregen-Langdreher eigentlich nur im „Gott der Panzer“-Lied, da hier der Sturmpanzer 4 näher behandelt wird, so der Frontmann.

„Die anderen Lieder mit Kriegsthematik wie ,Leichensack‘, ,Adlerhorst‘, ,Marschmusik‘ und ein paar weitere sind wesentlich offener gehalten und zeitlich nicht zu verorten. Ich bin als Texter immer schon für Horror-Szenarios empfänglich, und gerade Krieg allgemein ist die ganz große Bühne dafür, was ein Mensch einem anderen Menschen antun kann. Krieg und Tod, ein Ehepaar des absoluten Grauens, und damit wie geschaffen für Eisregen.“

Beständige Droge
Die limitierte Erstauflage des neuen Albums in der Digipak-Version enthält einen exklusiven Bonustrack mit dem Titel „Pervertin Peter (So lang die Schokolade reicht)“. Insbesondere die so genannte „Panzerschokolade“ enthielt bekanntlich den Wirkstoff Methamphetamin, in Zeiten des Dritten Reiches auch „Pervitin“ betitelt.

„Exakt. Soldaten wurden damals mit einer Spezialschokolade abhängig gemacht, die sie schneller und ausdauernder machen sollte – den Wirkstoff findet man auch heute noch in Crystal Meth vor, so dass klar sein sollte wie gefährlich diese Schokolade wirklich war. Ich lasse den Pervertin Peter (ganz bewusst wurde ein ,i‘ in ein ,e‘ abgewandelt) im Lied nach Ende des Krieges heimkehren, voll auf Droge und noch immer schwer bewaffnet. Da ihn seine Ehefrau in der Zwischenzeit verlassen hat, ist das Endergebnis ... nun, ziemlich heftig ...“, gibt der Vokalist grinsend zu Protokoll.

Erweiterte Varianten
Die „Brummbär“-EP wird wie bereits erwähnt einige spezielle Remixe enthalten.

So wurde „Schakal: Ode an die Streubombe“ von Aggro-Tambach remixt, „Eisenkreuzkrieger“ von Zimmermann und „Auf ewig Ostfront“ von Soldatendisko.

„Ich bin sehr zufrieden mit den remixten Versionen. ,Eisenkreuzkrieger‘ ist in der Zimmermann-Variante sehr Soundtrack-ähnlich geworden, im Stile der späten 70er Jahre. ,Ostfront‘ und ,Schakal‘ sind nun tanzbar, zumindest wenn man auf extreme Ausdruckstänze steht. Definitiv komplett anders als die Originale, aber darin liegt ja auch der Reiz des Ganzen.“

Aus zwei Dekaden
Was war in der letzten Zeit bis zum Abschluss des aktuellen Kompositionsprozesses denn hauptsächlich los bei den Thüringern? Wurde primär fürs neue Album komponiert?

„Genau. Wir haben nur die paar Shows als Gast bei den diesjährigen Hatefest Extended Shows gespielt. Dort stellten wir allerdings bereits ,Panzerschokolade‘ live vor, was extrem gut ankam bei den Leuten. Nun gilt es das Live Set für die Headliner-Konzertreise ab Oktober vorzubereiten – und da diese unter dem Banner ,20 Jahre Eisregen‘ steht, wird dort nicht nur Material vom aktuellen Album zu hören sein.“


Nach 20 Jahren Eisregen nehmen er und Yantit sich einfach das Recht heraus, mit genau den Leuten sowohl im Studio als auch bei den Live-Shows zusammenzuarbeiten, mit denen sie perfekt auskommen, wie Mitch noch wissen lässt. „Demzufolge ist das Feeling innerhalb der Band aktuell besser denn je.“

© Markus Eck, 23.06.2015

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