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Interview: INSOMNIUM
Titel: Der Pfad nach Karelia führt in die Nebeldunkelheit

Mit Insomnium meldet sich eine weitere finnische Melodic Death Metal-Hoffnung auf der Bühne der nordmetallischen Eitelkeiten zu Wort. Das tendenziös sehr gefühlvoll agierende Mystikquartett scheint der anmutigen und geheimnisvollen Schönheit der Naturregionen seiner Heimat vollends verfallen zu sein.

Da man dort bei entsprechender Verweildauer die nötige Ruhe zum Nachdenken findet, spielen Insomnium ihren variantenreichen und sehr durchdacht wirkenden Skandinaviensound mit aller künstlerischen Bedacht, was das Hören ihres Debütalbums „In The Halls Of Awaiting“ zu einem dauerhaften Vergnügen der besonderen Art macht.

Die vielen wundervollen Melodien dieses ergreifenden Erstwerkes scheinen aufgrund ihrer durchgehend niveauvollen Ausarbeitung von majestätischer Opulenz, welche durch geschickt plazierte Akustikkompositionen in vollem Lichtglanz erstrahlt.

Vokalist und Bassartist Niilo Sevänen gewährt einen Einblick hinter die prächtigen Kulissen seiner sehr heimatverbundenen Düstertruppe.

„Natürlich sollte jeder beim Hören unserer Musik seine individuellen Empfindungen erleben. Wir wollten ein interessantes und gleichfalls bezauberndes Album kreieren, welches einer dunklen und mystischen Reise durch die endlosen Wälder von Karelia gleicht“, beginnt Niilo unser Gespräch auf meine Einlassung hinsichtlich der emotionsgeladenen Kreationen von Insomnium.

Die Texte der Gruppe bestehen aus leidvollen Geschichten, die vom Leben geschrieben scheinen.

„Unglückliche Liebe, unerfüllte Sehnsüchte, Tod, Pein, den Verlust von etwas Liebgewonnenem, die unermeßlichen Kräfte der Natur usw. Diese Dinge können Menschen wirklich tief berühren. Doch sollten unsere Songs den Leuten auch Hoffnung geben und ihre Seelen erleuchten und sie letztendlich sehend für die guten Seiten des Lebens machen.“

Das malerische Gebiet von Karelia hat es der Band wahrlich angetan, wie er fortfährt. „Karelia ist eine ziemlich große Region zwischen dem finnischen Golfstrom, dem See Ladoga und dem Eissee. Heutzutage gehört der westliche Teil dieses Gebietes zu Finnland und der Rest zu Russland. Unsere Heimatstadt Joensuu befindet sich im östlichsten Teil Finnlands, in der Provinz Nord-Karelia. Sie hat eine großartige und sehr mysteriöse Vergangenheit. Die volksbekannten Gedichte in der Kalevala, des finnischen Epos, wurden in dieser Region einst im 19. Jahrhundert verfasst. Diese alten traditionellen Geschichten und natürlich die herrlichen Landschaften ihres Ursprungs beeinflussten unsere Musik und die Lyrics maßgeblich. Wir besingen somit hauptsächlich unsere Heimatregion und wie sie aus uns die Menschen gemacht hat, die wir heute sind. Unserer Meinung nach sollten alle Bewohner dieser Erde, ganz gleich woher, auf ihre Heimaterde stolz sein – anstatt sie zu zerstören.“

Diese Einstellung war nach Sichtung des immens stimmungsvollen Coverartworks von „In The Halls Of Awaiting“ auch schwer anzunehmen.

Niilo ergänzt zu den Texten: „Unser Bandname findet darin volle Entsprechung. `Insomnium` ist ein lateinischer Begriff, welcher einerseits `Insomnia` – also Schlaflosigkeit, und andererseits erschreckende Alpträume ausdrückt. Unsere Lyrik besteht oftmals aus sehr verträumten und unheimlichen Geschichten, so paßt dieser Name bestens zu uns. Außerdem spricht er sich verdammt cool aus.“

„In The Halls Of Awaiting“: Wo befinden sich die `Hallen des Erwartens` denn?

„Das Konzept des Titelsongs stammt aus J.R.R. Tolkien´s Werk `Das Silmarillion`, laut welchem die Geister der Elfen nach deren Tod in diese Hallen wandern. Dieser schicksalhafte Ort ist nicht als leuchtendes Paradies zu verstehen – eher als gewaltiger, stiller und schattenhafter Garten, in dem die Elfen auf ihre sich noch in der Welt der Lebenden befindlichen einstigen Gefährten warten. Diese Stätte behandeln wir in unserem Titelsong: Der Erzähler ist gestorben, seine Seele wanderte zu den Hallen und dort kann er nur noch voller verlangender Erwartung bis in alle Ewigkeit auf seine ehemalige Liebste warten. Er ist sich nicht sicher, ob er sie jemals wieder sehen wird...“

Die in solcher Art von Musik immer wieder vielgerühmte Naturmystik, sie sollte von Niilo doch bestmöglich erklärt werden können.

Und er zögert auch nicht:

„Alles basiert auf dem Gedanken, daß die Natur über gewaltige Kräfte verfügt. Diese können von Mensche in vielfältiger Weise genutzt werden, denn wir sind ein Teil der Natur. Diese Thematik ist schon sehr, sehr alt und jedes Volk dieser Erde hatte vor Tausenden von Jahren seinen eigenen individuellen Naturglauben. Aufgrund des weltweit jedoch stetig steigenden Materialismus unseres Zeitalters werden diese alten Riten heutzutage leider immer weniger bedacht. Ihr Deutschen solltet damit eigentlich am ehesten vertraut sein, denn die großen deutschen Philosophen und Dichter des Romantikzeitalters verwendeten diese Ideen verborgener und hilfreicher Naturkräfte in vielerlei ihrer Werke. Uns reizen solcherlei altüberlieferten Erfahrungen neben der grenzenlosen Liebe für unsere finnische Natur sehr, deswegen haben wir ihnen einen Großteil unserer Songtexte gewidmet. Die Hörer sollen in unserer Musik regelrecht versinken und sich imaginativ entlang der dichtbewachsenen Ufer unserer vielen nebligen Seen verlieren. Die endlosen Wälder von Karelia werden sie gerne aufnehmen.“

© Markus Eck, 16.04.2002

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