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Interview: NEBULAR MOON
Titel: Ergreifende Hymnen der Agonie

Die Bocholter Schwarzmagiere von Nebular Moon liefern uns dieser Tage ihr drittes volles Album. Und ganz egal, an welcher Stelle der Laser des Players abtastet, „Metamorphosis“ kann wie auch die vorangegangenen Ergüsse der talentierten Truppe voll und ganz überzeugen.

Ein begeisterndes, haßerfülltes und variantenreich-melodisches Metal-Musical ist ihnen gelungen. Ein grandioses und mächtiges Werk voll von neuzeitlichem Black Metal, der sich als das Ergebnis hingebungsvoller Zuwendung an diese Musikrichtung herauskristallisiert. Jedoch sollte der Albumtitel nicht vorschnell und altklug mißinterpretiert werden, denn ihre musikalischen und ideellen Wurzeln verleugnen diese Ästheten trotz über die Jahre natürlich gesteigerter Fähigkeiten zu keiner Sekunde.

Das niveauvolle Quintett hat lediglich die ohnehin schon lieb gewonnene bombastisch-symphonische Kompositionskomponente in seinen schmerzerfüllten Oden an die Nacht noch einmal erheblich gesteigert. Dies garantiert eine lang anhaltende Gänsehaut und wollüstige Schauer; der Hörgenuß scheint enorm und steigert sich mit jedem Durchlauf dieser orchestral ertönenden schwarzen Perle.

Bandleader Darius bekleidet bei den Kölnern den Posten des Sängers und Keyboard-Zauberers.

„Nebular Moon wurde im Sommer 1996 von Andreas, Tom , Stefan und Ingo gegründet, ich persönlich stieß im Winter 1996 dazu. Ende 1997 trennten wir uns aus persönlichen Gründen von unserem damaligen Sänger , woraufhin ich dann noch zusätzlich zu den Keys den Gesang übernahm. In diesem Line-Up nahmen wir die `Nightfall`-MCD auf, die uns letztendlich den Deal mit Last Episode Productions einbrachte. Diese doppelte Aufgabe erschwerte jedoch jegliche Live-Aktivitäten, so daß wir uns nach einem Vokalisten umgesehen haben. Nach diversen (meist schlechten) Session-Vokalisten entschieden wir uns schließlich für den Markus Esch von Abaddon, der uns bis Oktober 2000 begleitete. An dieser Stelle noch mal besten Dank an Markus - war eine abgefahrene Zeit. Im März 2000 wurde das Line-Up auch noch mal dezimiert, als wir uns aufgrund der berühmten musikalischer Differenzen von unserem Gitarristen Tom trennen mußten. Ich weiß zwar nicht, was ihn letztendlich zur seiner Wandlung bewegt haben mag, doch seine musikalischen Vorstellungen haben sich nach und nach von den unsrigen entfernt, so daß er als Bandmitglied nicht mehr haltbar war. Im November 2000 wurde Nebular Moon dann durch Neuzugang Holger an den Keys komplettiert, woraufhin ich wieder den Posten hinter dem Mikro besetzte. Dieses Line-Up funktioniert wirklich bestens, weshalb ich denke, daß wir die vakante zweite Gitarre vorerst nicht neu besetzen werden“, listet er mir zu Beginn des Dialoges die Historie des nebligen Mondes auf.

Und der Kerl stellt gleich noch klar: „Entgegen allen Gerüchten sind wir keine Kölner Band, sondern kommen vom Niederrhein, genauer gesagt aus der Ecke Bocholt/Wesel. Ich weiß bis heute nicht, wie sich diese Fehlinformation eingebürgert hat. Aus dieser Region kommen auch noch „Night In Gales und In Blackest Velvet, allerdings ist der Ruhrpott auch nicht weit und das dort Band-technisch die Hölle los ist, weiß ja wohl jeder gescheite Metaller.“

Die Band steht definitiv hinter ihrem Tun. „Schwer zu sagen, was die anderen dazu bewogen haben mag, ich persönlich wollte nach einigen kleinen Projekten endlich die Musik machen, die mir hundertprozentig gefällt. Klar wollten mit unserer Musik einige Leute erreichen, wobei dies für uns nie vordergründig gewesen ist. So ist es auch heute noch geblieben.“

Wie der Bandname entstand, das weiß heute wirklich keiner mehr.

„Es ist mit Sicherheit nicht so spektakulär und mystisch abgelaufen, wie man sich so eine Sache vorstellt. Der Name entstand vermutlich in einer anstrengenden Zwei-Promille-Nacht. Wir wachten auf und auf einem schmierigen mit Bier durchtränkten Stück Papier stand Nebular Moon. Klar stehen wir auch heutzutage zu unserem Bandnamen, denn trotz der bizarren Entstehungsgeschichte wird durch dieses Bild eine unruhige und ich würde fast sagen unheilvolle Atmosphäre vermittelt, die auch in unserer Musik zum tragen kommt.“

Die Entwicklung der Horde ist, so abgedroschen das jetzt auch klingen mag, reifer aber gleichzeitig direkter und brutaler geworden.

„Es ist zwar nicht so, daß wir ab sofort auf Harmonien verzichten, allerdings wird den brutalen Parts jetzt mehr Platz gelassen. Menschlich sind wir als Band mit Sicherheit zusammengewachsen. Was nicht zuletzt daran liegt, daß wir vor allem was die Business-Seite anbetrifft, einige Enttäuschungen einstecken mußten. Solche Situationen schweißen halt zusammen. So sind wir nach wie vor nicht nur Musiker, die zusammen arbeiten, sondern vielmehr Freunde, die sich auch mal nur zum Feiern treffen.“ Das hört man doch immer wieder gerne.

Was bedeutet denn eigentlich der neue Albumtitel? Er regt zu vielerlei Spekulationen an. Darius legt flott nach. „Das hängt davon ab, welche Spekulationen er erregt. Zur Beruhigung: Nein, mir wächst kein zweiter Kopf. Falls Du jedoch die Musik meinst, so liegt zwischen der `...Of Dreams And Magic` und `Metamorphosis` eine deutliche Weiterentwicklung, wobei ich hier nicht von einer Metamorphose sprechen würde. Der Titel bezieht sich auf den Wandel der Hauptfigur im Laufe der Zeit, also gänzlich auf den lyrischen Aspekt.“

Das ist deutlich zu hören auf der neuen Scheibe. Die Texte sind der Band wichtig. „Das Motiv des Widerstandskämpfers (`Metamorphosis`) der später selber zum Tyrannen wird stammt aus Frank Herberts `Der Wüstenplanet`, hinzu kamen noch einige Einflüsse aus der Bibel, wie das abgewandelte Hiobsmotiv. Die lyrische Grundidee für unser nächstes Album wird bereits von einem befreundeten Künstler – P. Mätzold – ausgearbeitet und wieder eine abgeschlossene Geschichte darstellen. Sie beinhaltet den Lebenslauf eines Individuums, das in eine völlig bizarre und futuristische Gesellschaft hinein geboren wird und im Laufe seines Heranwachsens feststellt, daß ihn seine Umgebung auf das Äußerste anwidert. Den Rest will ich vorerst offen lassen... Der Grundtenor der Lyrics für das aktuelle Album stammt aus der Feder unseres Baßmanns Ingo, wobei einige Motive unter Mitwirkung des bereits erwähnten P. Mätzold entstanden sind. Was die Musik anbetrifft, so hat sich unser Songwriting dahingehend entwickelt, daß Andreas den größten Teil dieser Arbeit erledigt, wobei einige Ideen von Holger und von mir dazu gesteuert werden. Dieses rohe Gerüst wird dann bei den Proben angepaßt und verfeinert, so daß es von allen den Segen bekommt. Den letzten Schliff bekommen unsere Songs allerdings erst im Studio, wobei hier wieder meist alle beteiligt sind. Eine Ausnahme bildet auf `Metamorphosis` der Instrumental-Track `Winter des Vergessens`, welcher komplett während des Studioaufenhalts entstanden ist... Insgesamt kann man diesbezüglich schon von einer Veränderung sprechen, da zu früheren Zeiten keine zwei Songs vom gleichen Autor stammen und der ganze Songwriting-Prozeß ins Chaos ausartete. Wie gesagt, die Lage entspannte sich als wir uns von Tom trennten, da wir nun vollkommen hinter unseren Songs stehen und keiner irgendwelche stupiden Kompromisse zu Lasten der Qualität machen muß.“

Der obligatorische Vergleich der heutigen Metalszene mit früheren Zeiten soll auch hier nicht ausbleiben.

„Na ja, diese `Früher war alles besser`-Einstellung kennt man doch schon länger. Meint mein Opa auch. Die Zeiten ändern sich halt, ob man will, oder nicht. Meiner Meinung nach ist es gerade heute interessant geworden, wo die Metalszene doch so gemischt ist. Durch die neuen Medien ist die Sache doch nur schneller und flexibler geworden. Es ist nun mal so, daß die Grenzen schwinden und davon profitiert auch die Metalszene. Dies wird schon alleine an der rasant steigenden Anzahl der Online Mags sichtbar. Auch die angeblichen Gefahren durch die MP3-Chose sehe ich nicht so eng. Wenn ich eine CD wirklich mag, dann will ich doch auch das Gesamtkunstwerk besitzen und nicht ein paar stümperhaft gerippte Daten... So stellt es in meinen Augen eine mehr oder weniger kostenlose Möglichkeit zur Präsentation der eigenen Songs dar. Die MP3-Welle spielt sich vor allem in der sogenannten `Taschengeldklasse` ab, also nicht unbedingt in dem typischen Metal-Kreis. Ich denke eher, daß die jetzigen Umsatzeinbußen der Musikindustrie an stink-traditionellen Wirtschaftszyklen liegen.“

Diese – übrigens hochinteressante Meinung – kann man Darius beim besten Willen nicht absprechen. Bleibt noch der metallische Ländervergleich.

„Schwierige Frage. Kann ich nicht so pauschal beantworten. In jedem Land sieht es halt anders aus, was mit Sicherheit zum Teil an der jeweiligen Mentalität liegt. Wenn größer auch besser bedeuten würde, so würde mit meine Antwort mit Sicherheit Deutschland lauten. Aber derartige Urteile will ich mir nicht anmaßen. Es ist jedenfalls eine Tatsache, daß die Metalheads in Osteuropa, oder Japan ein dankbares Publikum darstellen.“

Der letzte Live-Event ist gar nicht so lange her. „Es war die After Death Parade-Show in Düsseldorf. An sich ein ganz netter Gig. Letztendlich konnten wir zwar erst gegen halb drei nachts und ca. 50° gefühlter Bühnentemperatur unsere Songs zum besten geben, dafür haben uns aber die wach gebliebenen Fans für die Wartezeit entschädigt. Was sich im Rahmen der Promotion für die neue Scheibe anbieten würde, wäre natürlich eine amtliche Tour, jedoch kann ich zur Zeit diesbezüglich nichts Näheres sagen. Was jetzt mit Sicherheit verstärkt in Angriff genommen wird, sind zahlreiche Einzelgigs, die wir immer wider gerne spielen. Unsere typische Show entsteht nicht durch langwieriges Planen, sondern kommt aus dem Gefühl heraus. Wir gehen einfach auf die Bühne und moshen uns das Hirn aus dem Kopf. Spontaneität ist hier das richtige Wort. Es ist halt nicht unsere Sache, uns hinter aufwendigen Kulissen und übertriebenen Showelementen zu verstecken.“

Es geht weiter im Lager der Band: „Im Vordergrund steht für uns zur Zeit die Promo-Arbeit für `Metamorphosis`, wobei wir bereits Einiges an neuem Stoff für das kommende Album parat haben. Wie schon angedeutet werden wir alles mögliche tun, um eine ausgiebige Tour an Land zu ziehen und den Live-Sektor wesentlich ausbauen.“

Ich wünsche der Band von ganzem Herzen allen denkbaren Erfolg und eine noch lange andauernde Bandkarriere. Aber nun ist es Zeit für die letzten Worte in diesem Interview. „An dieser Stelle danke an alle Fans, die uns von den Anfängen an treu geblieben sind. An alle anderen: Riskiert ein Ohr für `Metamorphosis` und besucht unsere Webpage unter www.nebular-moon.com“

© Markus Eck, 23.09.2001

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