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Interview: THE LAST HANGMEN
Titel: Aus vollem Herzen

Die erfreulich originelle und heftig packende Musik dieser wahren Dresdener Künstler stellt sich recht schnell als eine den Hörer in die Knie zwingende Premium-Mischung aus dem Allerbesten und Niveauvollsten heraus, was das oberbegrifflich dafür zu zitierende Genre Melodic Death Metal überhaupt zu bieten hat.

Und dabei gehen die fünf ostdeutschen Überdruck-Spezialisten so klar, ungekünstelt und stimmig vor, dass von meisterlichem Handwerk geschwärmt werden kann. So werden sämtliche Songs auf dem grandiosen aktuellen Debütalbum „Servants Of Justice“ in oftmals unfassbar homogener Manier verarbeitet. Anspruchsvollstes Stromgitarrenspiel von quirliger Natur sowie begeisternd ästhetische Hit-Melodien und fantastisches atmosphärisches Beiwerk werden spürbar liebevoll in die zeitlosen Kompositionen von „Servants Of Justice“ eingebracht.

So entstanden fulminante und imposante Hymnen, welche bei echten Verehrern solcherlei Klänge zweifellos eine frappierende Wirkung während des Hörens entwickeln können. In ihren kompositorischen Volltreffern also auch spielkulturell enorm stark am Werk, können The Last Hangmen den Autoren zudem mit rhythmischem Ideenreichtum regelrecht begeistern.

„Unser Stil ergibt sich vor allem aus unserer eigenen Jugend. Die Zeit, die uns musikalisch geprägt hat, kam noch ohne -core, Djent und Co aus. Und so ist unser Debüt ,Servants Of Justice‘ ein Spiegel unserer Teenagerzeit geworden: Wild, melodisch, mit dem Schuss Folk und eben an den späten 1990ern und frühen 2000er Jahren orientiert. Es ist einfach die Art von Musik, die wir lieben und deshalb selbst spielen wollen, konstatiert Vokalist Pether eingangs.

Und Emotionen sind ein wichtiger Faktor der feinen Scheibe, so der Shouter.

„Fast jeder Song befasst sich mit Gefühlen wie Wut, Schmerz oder Rachegelüsten. Dabei ist es jetzt nicht so, dass wir alle Hulk-ähnliche Wutmonster sind, aber Musik ist das perfekte Ventil um Niederlagen, Angst und Hass loszuwerden und in persönliche Siege umzuformen.“

Die musikalischen Ziele der Beteiligten haben sich, so der Frontmann, seit sie als Band zusammenspielen, eigentlich nicht verändert. „Wir wollten dieses Projekt von Beginn an ernsthaft angehen. Wir wollten ein Album von professioneller Qualität aufnehmen, viel live spielen und auch größere Bühnen stürmen. Nachdem wir nun das Album vollendet haben und auch die Festivalbühne schon mit Bands wie den Apokalyptischen Reitern und Eluveitie geteilt haben, bleiben wir rastlos und hungrig. Die zweite Album-Scheibe ist schon zu zwei Dritteln fertig geschrieben. Diesen Frühling geht es schon wieder ins Studio und auch live und in Farbe haben wir noch lange nicht genug. Unsere Interessen verändern sich dagegen stetig und obwohl wir demnächst in unserem Stil keine 180°-Gradwendung vollführen werden, haben sich unsere Musikgeschmäcker zum Teil ganz schön gewandelt und erweitert. Ich bin zum Beispiel von meinem Folk- und Pagan Metal-Trip eher runter und habe es mittlerweile gern weniger dudelig. Drummer Ronny und Tieftöner Sören hingegen verirren sich schonmal auf ne Dubstep-Party, Axeman Stefan hat sein 80er-True-und-Thrash Metal-Faible zugunsten der Death- und Black Metal-Szene der 1990er abgelegt und unser zweiter Gitarrist Simon nimmt von all dem gerne was mit.“

Die Kompositionen auf „Servants Of Justice“ muten unbändig eigenständig, enorm durchdacht und absolut aufrichtig inszeniert an. Die meisten Leute ziehen aber mittlerweile leider zum überwiegenden Teil das Falsche dem Echten vor, auch in der Musikkunst. Pether hierzu:

„Tja, das ,Echte‘ ist ein weiter Begriff und die Frage schwer eindeutig zu beantworten. ,Echt‘, ,real‘ und, noch noch besser ,true‘, sind wir glaube ich, weil wir das was wir tun, aus vollem Herzen und mit vollem Einsatz durchziehen. Andererseits wissen wir um die Klischees und machen uns auch einen Spaß daraus diese zu bedienen oder bewusst zu ignorieren. So ist etwa, obwohl wir alle beinharte Metaller sind, keiner von uns gepierct oder tätowiert.“

Nachfolgend befasste sich der Dialog mit den Gesängen auf dem Langspieler.

„Die mangelnde Vielfalt der Vocals haben viele Hörer und Rezensenten beanstandet. Kritik, die bei der nächsten Scheibe auf jeden Fall umgesetzt wird. Für das ,Servants Of Justice‘-Album war mir vor allem wichtig, eine konstante Leistung zu bringen und viel Ausdruck und Klarheit in die Aussprache zu legen. Die Arrangements sind rhythmisch bisweilen etwas ungewöhnlich, was sich meist daraus ergeben hat, dass ich den Text zwar mit der Musik im Hinterkopf geschrieben habe, aber nicht immer alles so passen wollte, wie ich mir das vorgestellt habe. Was nicht passt, wurde dann eben passend gemacht und führte so zu zum Teil verblüffenden Resultaten.“

Auf seinen persönlichen Lieblingssong auf der neuen CD angesprochen, lässt der Mann wissen: „Ich mag mittlerweile am meisten ,Knocking Tombstones Down‘. Der Song entstand als letztes und auch größtenteils im Proberaum, wohingegen die anderen Lieder musikalisch allein aus Simons Feder stammen. Somit ist ,Knocking Tombstones Down‘ auch am richtungsweisenden, was unsere Entwicklung als Band angeht. Außerdem wird dieses Zehnminuten-Monster einfach nie langweilig und kommt live immer wieder richtig gut an. Man kann seinen Kopf einfach nicht stillhalten bei dem Lied.“

Im Weiteren legt der Sänger gerne die Bedeutung des Plattentitels „Servants Of Justice“ dar. „Der Titel nimmt Bezug auf unseren Bandnamen. Viele Kapellen benennen ihren Erstling nach sich selbst, was uns irgendwie zu albern war: ,The Last Hangmen, mit ihrem Song The Last Hangmen aus dem Album The Last Hangmen‘, das wäre so redundant, dass es weh täte. Deshalb haben wir mit dem Titel ,Servants Of Justice‘ unserem Bandnamen eine Art Untertitel - oder wie es in der Werbebranche so schön heißt -, einen ,Claim‘ hinzugefügt. Insgesamt ist das alles mit einem Augenzwinkern zu sehen, wobei die Phrase ,wie die letzten Henker‘ im Englischen sicher nicht ,rücksichtslos‘ bedeutet von uns aber genau so gemeint ist.“

Dann ging der Gesprächskontext an die Liedertexte der Band. Und Pether nutzt viele Inspirationsquellen für seine Songtexte, wie etwa Bücher, Filme oder Video-Games, wie er angeregt zu berichten weiß.

„Der Text zu ,Hang 'Em High‘ entstand beispielsweise nach der Lektüre von Orwells ,1984‘. ,Crash Course Dying‘ hingegen ist dem Alltag entlehnt: Jeder kennt Menschen, die einem tierisch auf den Sack gehen, aber weil man ja gut erzogen ist, sagt man ihnen nie ins Gesicht, dass sie sich zum Teufel scheren sollen. In dem Text spreche ich da einfach mal Klartext, rücksichtslos wie der letzte Henker. ,Knocking Tombstones Down‘ repräsentiert unser Faible für Zombie-Filme. Zombies fetzen einfach immer und die kurze Sprechpassage in dem Song ist an die Reden des Despoten Scolar Visari aus der ,Killzone‘-Reihe angeleht.“

Ihre künstlerischen Ziele für das aktuelle Albumwerk „Servants Of Justice“ hatten sich The Last Hangmen extrem hoch gesteckt, so der Vokalist.

„Wir wollten kein polterndes Garagen-Demo produzieren, sondern ein professionelles Album, dass sich im Metal-Regal vor keinem anderen Silberling verstecken muss. Künstlerisch wollten wir das Rad nicht neu erfinden, vielmehr sollten es packende Songs werden, die mitreißen. Außerdem haben wir die Drums ohne Metronom aufgenommen, um der ganzen Scheibe dieses natürliche Live-Feeling zu bewahren. Das hat zwar der Saitenfraktion einen Haufen Arbeit gemacht, aber das Ergebnis hat sich gelohnt und wir werden dieses Verfahren sicher beibehalten.“

Spezielle Kostüme für die Bühnenpräsentation der fünf Dresdner waren anfangs mal im Gespräch, so Pether, wurden dann aber letztlich wieder verworfen, weil sich die Musiker darin nicht wohl gefühlt hätten, wie in Erfahrung zu bringen war.

„Dafür begleitet uns auf der Bühne immer unser treuer Reisegalgen ,Harald‘, den Simon selbst entworfen und gebaut hat. Dank Scharnieren ist er zerlegbar und transportabel. Live geben wir prinzipiell immer alles und versuchen Energie an das Publikum abzugeben und anzustecken. Einige Songs haben wir auch mit stadiontauglichen Intros, Outros, verlängerten Anfeuer-Passagen in der Mitte und Finals ausgestattet, die es so nur live zu hören gibt. Optisch bleibt sich jeder selber treu und so steht Stefan eben in zerrissenen Jeans auf den Brettern, Sören trägt auch mal Hemd, Ronny tritt wegen der Anstrengung gern oberkörperfrei auf, Simon stets Skater-Latschen und ich kreuze auch mal mit einem Shirt mit Glitzerprint auf den Brettern auf.“

Was das aktuelle und noch sehr frische Jahr 2012 anbelangt, so freut sich Pether auf musikalischem Sektor laut eigenem Bekunden am allermeisten auf das lange erwartete Album von Wintersun. „Ich habe ja die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass vor dem angeblich anstehenden Weltuntergang noch das zweite Album namens ,Time‘ erscheint. Sollte das passieren, könnten danach ruhig die Lichter auf dem ganzen Planeten ausgehen.“

Ein richtigen Schaffensrausch hatte der ambitionierte Kehlen-Berserker noch nie, wie er abschließend verlauten lässt. „Ich notiere mir Ideen für Lyrics, sobald sie mir einfallen, sonst vergesse ich sie auch schnell wieder. Wenn ich dann mal Zeit und Muse finde, schnappe ich mir eine Pre-production eines noch unbetexteten Songs und feile an den Ideen und den Arrangements so lange herum, bis ich endlich zufrieden bin.“

© Markus Eck, 17.01.2012

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