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Interview: UNDEAD FUNERAL
Titel: Kunst um der Kunst willen

Diese bayerische Ballergruppe bezeichnet ihre Musik selbst lediglich als Metal. Nur Metal? Ja, darauf legen die beteiligten Individualisten riesengroßen Wert, welche von all den heutigen stilistischen Genre-Schubladen recht wenig halten. Wie auch immer, ihr auf jeden Fall sehr ansprechendes Klangbild pinseln Undead Funeral mit gekonnt dosierten Kolorierungen aus den Bereichen Heavy-, Power-, Thrash-, Horror- und Black Metal.

Im April 2005 wurde die gleichfalls spielfreudige wie auch kompositorisch sehr fitte Horde in München gegründet, nachdem Gitarrenschinder und Schreierbiest Sacerdos Mortis sowie Tiefoner Venator Ossium in Form von Ultor endlich einen geeigneten Schlagwerker aufgefunden hatten.

Das aktuelle Studioalbum „T.O.D.“ kann mich ziemlich begeistern, und nicht nur gigantische Hingabe, atmosphärische Dichte, Variantenreichtum und Ideenvielfalt sind darauf Trumpf. Daher verwickle ich Sacerdos als auch Fegefeuer-Trommler Ultor kurzerhand ins längere Interview-Gespräch.

Ultor ist nicht ganz so zufrieden nicht mit der aktuellen Platte, wie er eingangs wissen lässt.

„Die Produktion ist mir nicht ausgewogen genug. Vor allem die Gitarren hätten etwas mehr Druck vertragen.“ Laut Meinung von seinem Kollege Sacerdos ist der eine oder andere Song leider nicht völlig ausgereift, so wie er sich das vorgestellt hätte: „Beispielhaft hierfür ist der Song "Vengeance", von dem eine neue, mehr ausgereifte Version auf der kommenden EP "Dark Shadows Of War" erscheinen wird. Aber dafür, dass „T.O.D.” unsere erste Platte ist und unsere erste Studio-Erfahrung, können wir damit doch sehr zufrieden sein.“

Sacerdos hat durch die Band Secret In Sanity Venator Ossium kennen gelernt, der dort Bass spielte.

„Wir haben angefangen, nebenbei gemeinsam Musik zu machen, und nachdem es mit S.I.S. immer mehr in die Brüche ging, haben wir beschlossen, selbst eine neue Band zu gründen.“ Ultor hingegen haben die beiden dann im Internet gefunden, wo dieser ein Inserat gepostet hatte. Er berichtet: „Nach einer Samstagnachmittag-Session wurden wir uns sehr schnell – innerhalb weniger als einer halben Stunde – einig, dass ich der neue Drummer bei Undead Funeral werden soll.“

Wie Ultor weiter erzählt, geht es bei diesem bayerischen Metal-Haufen auf jeden Fall sehr lustig zu.

„Da prallen drei komplett verschiedene Charaktere aufeinander, wobei Venator den sprichwörtlichen "ruhenden Pol" zwischen uns anderen zwei Hitzköpfen darstellt. Das bedeutet aber nicht, dass wir ständig streiten und uns in irgendeiner Weise bis aufs Blut bekämpfen, sondern dass es eben – neben der Freundschaft, die uns drei mittlerweile verbindet – auch ab und zu mal zu lauteren Diskussionen über das eine oder andere Thema kommt. Aber man verträgt sich ja auch schnell wieder“, platzt es aus dem Drummer heraus.

Gerade aus deutschen Landen hat der Untergrund des Genres immer weniger zu bieten, für viele ist das nur noch ein Wochenendspaß. Wie sehen meine Gesprächspartner die Sache? Sacerdos: „Ich sehe das nicht als "Wochenendspaß", da mir das Ganze als reines "Hobby" zu teuer und zu zeitintensiv wäre. Für mich gehören zu einer Band auch CDs, Liveauftritte usw. Außerdem fände ich es einfach schade, das Material das man erarbeitet, im Proberaum liegen zu lassen. Ich möchte mit der Musik mehr erreichen, was aber nicht bedeutet dass ich "erfolgsgeil" wäre oder so.“ Ultor stimmt Sacerdos da vollauf zu: „Es ist nicht so dass wir krampfhaft daran arbeiten, Weltstars zu werden. Aber ein bisschen Anerkennung für die musikalische Kreativität wünscht man sich eben.“

Nachfolgend quetsche ich die beiden Schurken zum musikalischen, ideellen und spirituellen Hintergrund von Undead Funeral aus. Sacerdos bekennt: „Fangen wir mal mit der Musik an: Ganz klar, dass ich als Metal-Freak, der sich nicht auf eine Metal-Sparte festlegt an der er sich orientiert, sondern das ganze Spektrum als einheitliches Ganzes sieht, mich auch bei der Musik die ich selbst mache nicht auf eine Schublade festlege. Initialzündungen für unsere Musik waren auf alle Fälle Bathory, Venom und Darkthrone, da ich irgendwann festgestellt habe, dass ich den Hang dazu habe, solche Musik zu machen. Ideell gesehen haben wir einfach die Absicht, wieder richtigen Metal zu machen. Weg von dem modernen technischen Sound, und mehr back to the roots zu gehen. Spirituell... Hm... Auf T.O.D. geht es ja ziemlich oft um den Tod, da ich mich in der Zeit, als ich die stellenweise schon älteren Lieder geschrieben habe, mit dem Thema Tod beschäftigt habe. Dazu kommen Inspirationen aus dem Alten Testament, aus Horrorfilmen, und einfach der Spaß daran, absurde Texte zu schreiben“, gibt der Saitenmann und Sänger lachend vor.

Ultor fügt dem an: „Den musikalischen Hintergrund hat Sacerdos ja schon ziemlich gut beschrieben. Von meiner und Venators Seite kommen dann eben die verschiedensten Einflüsse mit rein, die das Gesamtbild des Sounds doch etwas "anders" machen. Zum Ideellen: Also, definitiv sind wir keine politische oder religiöse Band, die irgendeiner Szene angehören will. Wir vertreten keinen Satanismus, Religion in jeglicher Ausprägung lehnen wir völlig ab, da dieses Thema in der Musik nichts zu suchen hat. Musik soll Spaß machen. Trotzdem haben manche unserer Texte einen gewissen Realitätsbezug, den jeder für sich selbst finden und entdecken sollte. Man lese sich zum Beispiel mal die Lyrics des Songs "Trinity Of Death" durch. Die kann man von vielen Seiten aus betrachten. Da kommen wir auch schon zum Spirituellen – die Realität einfach mal auf musikalischem Weg zu verlassen ist immer wieder eine positive Erfahrung. Wir wollen also einerseits dass die Leute live zu unserem Sound abgehen, dass sie aber auch beim Hören der Songs daheim in die Atmosphäre, die wir versuchen zu kreieren, eintauchen können.“

Sacerdos nennt in diesem Zuge seine Black Metal-Helden. „Es sind auf alle Fälle Bathory – vor allem die ersten Platten – und Darkthrone ab der zweiten Scheibe, schwerpunktmäßig "Under A Funeral Moon" und "Transilvanian Hunger", die für mich genau den Black Metal darstellen, da diese Platten eine Stimmung von tiefer Schwärze und Eiseskälte erzeugen. Außerdem zeigen sie, was ganz wichtig ist, dass nicht technisches Können und musikalische Perfektion im Vordergrund stehen, sondern dass man auch mit einfachen Mitteln gute Platten machen kann.“ Und der gute Ultor hört sich selber nur wenig Black Metal an: „Ich kann also dazu eigentlich recht wenig sagen. Die übertriebene Wichtigkeit von Technik und Geschwindigkeit im heutigen so genannten Black Metal ist jedenfalls für die Atmosphäre und Härte meiner Meinung nach eher nachteilig bis vernichtend.“

Ich bitte die beiden, ein wenig zu den Liedern auf dem Album T.O.D. zu erzählen. Sacerdos legt los: „"Frozen Winter Forest" beispielsweise erzählt die Geschichte eines Wesens, das seinen letzten Weg in die Ewigkeit antritt. Es ist eine reine Fantasiegeschichte mit einem großen Hang zu Dark Romantic-Atmosphäre. "Blood Of A Virgin" ist eine Hommage an den Film "Bram Stoker's Dracula", mit einer kleinen Spur Erotik. "Riding Zombies" war das erste Lied das ich überhaupt geschrieben habe. Das ist etwa zwölf Jahre her. Wie der eine oder andere Hörer am Titel und am Intro erkannt haben dürfte, geht es um die Horrorfilmreihe der "Reitenden Leichen" aus den siebziger Jahren. Den Schlusspunkt der aktuellen Platte setzt "Silent Funeral", eine Art Beerdigungslied, welches ausdrückt, dass im Tod letztlich jeder allein ist. Alles was übrig bleibt ist ein Grab, ein Holzkreuz und Leere.“

Ultor legt hierzu unumwunden nach: „"Field Of Crows" stammt musikalisch und textlich von Venator, inspiriert wurde er von den Kreuzzügen und vor allem vom Film "Königreich der Himmel". Der Text soll auch zeigen, wie sinnlos die Menschen damals im Namen der Religion geopfert wurden. Es stellt sich eben die Frage "Wofür das alles?". "Trinity Of Death" dreht sich ja rein textlich auf den ersten Blick um den "Aufstieg der Dunkelheit" ("rise of darkness"). Ich denke, man kann – ähnlich wie bei "Frozen Winter Forest" – etliches hineininterpretieren, wenn man seinen Geist mal auf Wanderung schickt. Und dazu ist das Lied mit seinem halb schleppenden und halb treibenden Rhythmus und dem geheimnisvollen Text auch gedacht – einfach mal abzuschalten und sich der Atmosphäre hinzugeben. "The Sin" wiederum hat einen ziemlich offensichtlichen Text, es geht um ein wirkliches Dauerthema – Sex. Sacerdos hat allerdings viele poetische Umschreibungen verwendet, die sich teilweise an alttestamentarische Texte anlehnen. Eine lyrische Meisterleistung!“

„Trinity Of Death“ – beschreiben sich Undead Funeral hierbei selbst als die drei Schergen, die Todes-Dreifaltigkeit? Sacerdos:

„Nein, das Lied "Trinity Of Death" ist entstanden bevor ich die anderen beiden kennen gelernt habe. Aber es ist auch wiederum treffend, da wir drei vom musikalischen Background her grundverschieden sind und durch diese drei Pole, die wir zu einer Einheit verschmolzen haben, so etwas wie die "Dreifaltigkeit des Metal" darstellen“, verlässt es den Mund des Kerls mit einem Lacher.

Welche wohl die am meisten prägenden Erlebnisse im bisherigen Leben meiner Interview-Partner waren, will ich nachfolgend von ihnen wissen. Sacerdos beginnt.

„Ich würde sagen, das war der Tod von Bathory-Mastermind Quorthon, der mich darin bestärkt hat, weiter Musik zu machen und letztlich Undead Funeral zu gründen.“ Für Ultor hingegen ist es der Einstieg bei Undead Funeral gewesen. Er erläutert: „Ich spielte ja zum damaligen Zeitpunkt schon elf Jahre Schlagzeug, und es wurde Zeit, mich endlich im Rahmen einer Band zu verwirklichen. Venator und Sacerdos haben genau das geboten, und mich als Drummer gefordert und gefördert hat, und natürlich konnte und kann ich auch mein Können und meine Ideen mit einbringen, was natürlich für die kreative Seite wichtig ist.“

Leider nimmt die Dummheit, Arroganz, Geistlosigkeit und soziale Kälte der „modernen“ Menschheit immer mehr zu. Wie sehr stört die zwei Musiker das und was könnte das gigantische Problem ihrer Ansicht nach beheben? Ultor beginnt.

„Das ist natürlich ein großes gesellschaftliches Problem. Darüber könnte man ganze Bücher schreiben, und das haben auch schon etliche Leute getan. Aber eine Lösung ist das auch nicht, vor allem wenn das keiner liest. Diese Probleme gibt es ja aber im Endeffekt seit es Menschen gibt. Nur heutzutage rückt das durch die Massenmedien viel mehr in den Blickpunkt, weil jeder alles irgendwo erfahren kann. Und zu jeder Meinung gibt es eine Gegenmeinung, die auch wieder leichter verbreitet werden kann als früher. Das schürt Konflikte, da natürlich jeder glaubt im Recht zu sein. Gegen Dummheit, Arroganz und Geistlosigkeit hilft nur Aufklärung, Gespräche mit den Betroffenen, die dann hoffentlich ein Umdenken bewirken. Nur leider sind die Dummen anscheinend in der Überzahl, was das ganze für die Minderheit, die ihren Kopf nicht nur dafür hat, dass es ihnen nicht in den Hals regnet, sehr schwierig macht. Ein sprichwörtlicher Kampf gegen Windmühlen, der aber trotzdem niemals enden darf, denn das wäre die Bankrotterklärung der Intelligenz und des Denkens gegenüber genau diesen Hohlköpfen. Ob das allerdings jemals Früchte trägt ist fraglich. Man muss einfach kämpfen um des Kämpfens willen. Der Weg ist das Ziel! Und jeder, der anfängt sein Hirn einzuschalten ist ein Erfolg!“

Sacerdos meint anschließend lachend, dass ich ihm genau diese Frage besser hätte nicht stellen sollen. Dann haut er auf den Putz. „Meiner Meinung nach liegt das daran, dass die Kinder nicht mehr realistisch erzogen werden, dass die Leute keine Fantasie mehr haben, und sich meistens nicht bewusst sind was die Auswirkungen ihrer Taten sind. Ein großer Punkt dafür ist die geringe Vorstellungskraft der genannten "Dummen", die sich nicht in die Lage derer, die sie terrorisieren oder mit Gewalt bekämpfen, versetzen können. Arroganz – jeder Mensch ist arrogant, was ganz natürlich ist. Nur darf diese Arroganz nicht das komplette Denken beeinflussen. Ein anderes Problem ist es, das jeder meint, dass sein Tun das ultimativ Richtige ist. Über das Thema "Gut und Böse" kann man immer streiten, da für den "Guten" das "Böse" das Böse ist, und für den "Bösen" wiederum das Gute die "böse Seite" darstellt. Unser Ziel sollte es daher sein, den Metal so politikfrei wie möglich zu halten, da Musik meiner Meinung nach nicht dazu dient, sich irgendwie politisch zu betätigen.“

Die Schuld für all diese heutzutage fehlende Vernunft primär bei den Schulkräften zu suchen, hält Sacerdos nicht für richtig. „Da wir in einem sehr schnelllebigen Zeitalter leben, ist es natürlich auch für diese Leute schwer, den Heranwachsenden Werte, Kultur und Realismus beizubringen. Auch die Medien tragen dazu sehr viel bei, da natürlich die Jugendlichen nicht mehr unterscheiden können zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Dieses sorgt für sehr labile Menschen, deren geistiger Zustand nicht für ein Zusammenleben in einer Gesellschaft taugt. Es gibt zwar immer noch Menschen, die Zusammenhalt suchen, sie finden diesen aber leider meistens in den falschen Kreisen, die genau damit Werbung machen. Und leider wirkt sich das auch auf die Metalszene negativ aus.“

Clever gesprochen, und Stockmeister Ultor steht dem in nichts nach mit seinen Worten. „Erziehung fängt ja nicht in der Schule an. Die so genannte "antiautoritäre Erziehung" von heute verdirbt die Kinder, denn sie können sich im Endeffekt alles erlauben. Verantwortung und das Bewusstsein für "richtig" und "falsch" werden nicht mehr vermittelt. Denn wenn die Kleinen was falsch machen hat es keine oder nur geringe negative Folgen für sie. Man sollte einfach jedem die Folgen seines Tuns vor Augen führen. Dann fangen sie vielleicht mal an nachzudenken bevor sie handeln. Das ist meiner Meinung nach der einzige Weg.“

Doch, so Sacerdos, sollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Er spricht: „Aber wenn man im Moment das alles verfolgt, sieht es doch nicht so gut aus. Wenn man mal in die Pagan Metal-Szene reinschaut, wird dort der Versuch gestartet, Spiritualität zu vermitteln, aber es ist ja nicht unsere Kultur. Meiner Meinung nach bringt es nichts, im Jahre 2008 die Werte von damals auf unser jetziges Zeitalter zu projizieren. Es sind zwar schöne Geschichten, mehr aber auch nicht. Vielleicht sollte man doch anfangen, sich auf ein neues spirituelles und kritisches Denken, angepasst an unsere Zeit und Gesellschaft, zu konzentrieren. Das wäre meiner Meinung nach der bessere Weg.“

Laut energischer Aussage von Ultor muss die Gesellschaft daher auf jeden Fall alles dafür tun, das große Unheil abzuwenden. „Denn wenn der letzte vernünftig denkende Mensch stirbt, dann geht die Menschheit zu Grunde. Menschen, die unterschiedliche Auffassungen vertreten, sollten miteinander reden um ihre Konflikte zu lösen, anstatt eine weitere Radikalisierung zu propagieren. Jeder sollte allgemein ab und zu etwas kompromissbereiter sein und nicht stur auf den eigenen Ansichten beharren.“

Schöne Vorstellung. Ich komme dann ohne Umschweife gleich auf die kulturelle Unsäglichkeit der Moderne zu sprechen. Sacerdos ergänzt dazu völlig mit Recht: „Ich finde diese Tatsache irgendwie sehr schade, denn wie kann man etwas Neues, Modernes machen ohne das Alte gekannt zu haben?“ Auch Ultor bedauert: „Ich finde es sehr schade, dass es heutzutage mit Kunst oder Kultur meist vornehmlich darum geht, das große Geld zu machen oder auf provokante Art Aufsehen zu erregen. Kunst um der Kunst willen, einfach um etwas Neues, Besonderes zu schaffen, gibt es kaum noch. Auf musikalischer Seite ist es auch nicht mehr die Kunst des Songwritings oder des Arrangements, sondern die Reduzierung auf Technik und maximale Geschwindigkeit in der Musik. Das ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz, und Undead Funeral steuern auch ganz erklärt dagegen. Back to the roots, wie gesagt, lieber einfacher und dafür eingängiger, und das in einer Geschwindigkeit, die zum Headbangen einlädt, und nicht dazu, die Schnelligkeit und die technischen Fähigkeiten der Instrumentalisten zu bewundern!“

Ich spreche noch allzu gerne die spürbar ehrliche Black Metal-Attitüde von Undead Funeral an sich an. Welcher Teil der bisherigen Schwarzmetall-Historie hat die Kerle denn also nun am meisten fasziniert? Sacerdos selbst hat am Black Metal am meisten die Anfangszeit mit Bathory, Venom und Onslaught fasziniert, wie er sich erinnert.

„Also die Achtzigerjahre. Mit der norwegischen Black Metal-Geschichte möchte ich überhaupt nichts zu tun haben, da mir diese Szene durch ihre Gewalttaten, Vernichtung von Kulturgut und Verbreitung von terroristischem, faschistischem und misanthropischem Gedankengut widerstrebt. Es sind mehrere norwegische Bands entstanden, die gute dunkle, atmosphärische Musik gemacht haben, wie zum Beispiel Burzum, deren Denken und Handeln aber nicht zu tolerieren ist. Das ist zwar schade, da sowohl Texte als auch Musik gerade von Burzum doch sehr interessant sind. Mit der jetzigen Black Metal-Szene kann ich mich auch nicht identifizieren, da leider nur noch wenig Wert auf Musik gelegt wird. Auch mit der "Black Metal ist Krieg"-Fraktion kann ich nicht viel anfangen, da mir der Unterhaltungswert fehlt. Undead Funeral sieht sich auch nicht als Black Metal, sondern einfach als Metal-Band der härteren Gangart. Klar haben wir Black Metal-Einflüsse, vor allem stimmlich, aber eben auch noch sehr viel anderes. Auf Black Metal beziehen wir uns nur geringfügig.“

Ultor beteuert in diesem Kontext, selbst ja nun ursprünglich überhaupt nicht aus dem Black Metal zu kommen. Wir erfahren: „Es gibt zwar einige Bands aus diesem Sektor, die ich mir gern anhöre, das sind aber in meinen Augen diejenigen, die etwas hervorstechen, beispielsweise Helrunar, Dark Fortress, oder die von Sacerdos bereits erwähnten Venom und Bathory. Wir limitieren uns ja ganz eindeutig nicht auf eine Sparte, weder durch das was wir uns selbst anhören, noch von dem was uns beeinflusst. Wir sehen den Metal als Ganzes, und nicht aufgeteilt in die momentanen Genre-Schubladen. Von daher verbinden wir auch nur zu gerne die verschiedensten Genres zu einer Einheit.“

Wer die beiden Musikanten zum Black Metal einst herangeführt hat, interessierte mich noch in diesem Zusammenhang. Sacerdos: „Seit ich angefangen habe, Metal zu hören, haben sich mir nach und nach sämtliche Sub-Arten eröffnet. Und natürlich durfte da auch der Black Metal nicht fehlen.“

Bei Ultor hingegen kamen die ersten Black Metal-Scheiben erst zum Rotieren, als er Sacerdos kennen lernte. „Ursprünglich habe ich mal mit zwei guten alten deutschen Metalhelden angefangen – Grave Digger und Blind Guardian. Die laufen bei mir auch immer noch ab und zu, aber eigentlich nur das alte Zeug. Diese Einflüsse finden sich natürlich auch in meinem Drumstil wieder, und somit im Undead Funeral-Sound. Black Metal-Drumming war für mich nie ein Einfluss oder eine Inspiration, weshalb man so etwas auch bei uns nicht findet. Diese "Heranführung an den Black Metal" hab ich auch eigentlich nie zu hundert Prozent vollzogen, da bei mir noch unzählige andere Metal-Sparten laufen, vornehmlich Thrash und Speed Metal. Aber auch gern mal Death Metal, genauso wie Manowar, Falkenbach, Iron Maiden, Overkill, und so weiter. So gesehen ist bei Undead Funeral wirklich von allem was dabei.“

Apropos, was halten meine beiden erzählfreudigen Interview-Partner eigentlich von der einheimischen Black Metal-Szene? Sacerdos: „Ich weiß nicht ob man bei uns in München von einer Szene sprechen kann. So wie es aussieht, eigentlich weniger, ich kann mich da aber auch täuschen. Das Konzert am Samstag war vom Metalpublikum her ein Debakel, da nicht viele richtige Metalheads gekommen sind. Die Black Metal-Szene in Deutschland ist aus meiner Sicht ein monotoner Einheitsbrei geworden, wo leider kaum Bands hervorstechen, was ihr natürlich auch schadet. Denn wer will schon zehn Black Metal-Bands hören, die alle das gleiche spielen?“

Ultor fügt dem an: „Das Konzert am Samstag war natürlich auch kein Black Metal-Konzert, da die anderen drei Bands so gar nicht aus dieser Ecke kommen und wir selbst auch ein ganzes Stück vom reinen Black Metal entfernt sind. Ich würde das Wort "Black" einfach mal ausklammern, und die einheimische Metalszene als Gesamtes betrachten. Da stellt man ziemlich schnell fest, dass es "die" Metalszene eigentlich nicht mehr gibt, sondern dass sie in viele "Unter-Szenen" zersplittert ist. Das ist deshalb so schädlich für den Metal, da viel zu viele Fans zu engstirnig sind und außer ihrer einen Lieblingsrichtung nichts mehr hören. Somit hat man zwar eine Vielzahl von Leuten, die mit Metal zu tun haben, aber eben nicht unter einem einzigen "Dach" vereint, sondern aufgeteilt in sämtliche Schubladen, aus denen sie nie herauskommen. Das führt eben dazu, dass die einzelnen Konzerte schlecht besucht sind. Denn wenn irgendwo zum Beispiel ein Death Metal-Konzert ist mit drei oder vier guten Bands, sind zwar die Death Metal-Fans da, aber eben sonst niemand, und das gleiche ist es auch mit den anderen Sparten. Wenn man jetzt aber ein "gemischtes" Konzert macht mit drei völlig unterschiedlichen Bands, sagen sich die Leute wieder "Na ja, mir gefällt nur eine von den Bands, das ist mir dann zu teuer", und es kommt wieder kaum jemand. Aber man kann leider niemanden zu seinem Glück zwingen.“

In welche Richtung sich die Musik dieser eigenständigen Truppe voraussichtlich entwickeln wird, lautet die anschließende Fragestellung. Für Sacerdos ist das schwer zu sagen. „Da wir halt eben keinen festgelegten Stil fahren. Wir arbeiten von Platte zu Platte, aber unsere Einflüsse, die schon auf T.O.D. zu hören sind, werden auch in den nächsten Kreationen vorkommen.“ Ultor assistiert: „Wir arbeiten da sehr spontan: Sacerdos oder Venator kommen mit einer Idee, wir überlegen uns dann immer grob in welche Richtung es sich entwickeln soll, und dann spielen wir es so lang auf verschiedenste Arten, bis uns das Ergebnis überzeugt und man es zu einem Song ausbauen kann. Es soll aber immer rauszuhören sein, dass es Undead Funeral ist.“

Dann kommen wir zum Ende des Gesprächs. Sacerdos freut sich laut eigener Aussage ganz besonders auf die gemeinsame Arbeit an der geplanten Undead Funeral-EP „Dark Shadows Of War“ und das anstehende Konzert in der Cordobar in Germering.

Seinem Mitmusiker Ultor bleibt da eigentlich nur hinzuzufügen, dass er sich auf alles freut, was das Schicksal für Undead Funeral bereithält, also: „Ein hoffentlich konzertreicher Sommer und eine starke EP, die in der Metalszene vielleicht etwas Aufmerksamkeit erregt. Wir bedanken uns für das Interview, Markus, hat uns richtig Spaß gemacht, die Fragen zu beantworten, und wir hoffen, dass wir ein bisschen was Interessantes über uns und Undead Funeral erzählen konnten.“

© Markus Eck, 18.05.2008

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