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Special: Shagrath
Titel: Stets auf der dunklen Spur

Als ein gewisser Stian Tomt Thoresen am 18. November 1976 in Jessheim nahe Oslo das (Un)Licht dieser Welt erblickte, hatten die überraschten Geburtshelfer im fernen Norwegen wirklich alle Hände voll zu tun. Schließlich wehrte sich der kleine Säugling nicht nur nach außergewöhnlichen Kräften, die schützende Dunkelheit des Mutterleibs zu verlassen. Auch sein nachfolgendes wirklich infernalisches Gekreisch war wohl von bis dato ungehörter Intensität.

Dies war also absolut keine reguläre Entbindung im üblichen Sinne, sondern eine folgenschwere Niederkunft, deren umtriebige Existenz nachfolgend zahllose Mitmenschen in ihren Bann zog – vor allem aber weltweite Black Metal-Fanatiker mit Faible fürs Bombastische und Epischmelodische.

Als er sich 1982 seine erste eigene Langspielplatte kaufte, nämlich „Creatures Of The Night“ von den weltberühmten US-Shock Rockern Kiss, war es um die ohnehin störrische Psyche des damals sechsjährigen Teufelsbratens dann endgültig geschehen: Stian verschrieb Leib und Seele den rebellischen Klängen des Rock’n’Roll.

Und die Faszination solcherlei Klänge ließ den Knaben nicht mehr los, ganz im Gegenteil.

Elf Jahre später, also 1993, musste es dann endgültig das Dunkle, das Böse und Okkulte sein.

So gründete Stian im zarten Alter von 17 Jahren unter dem Künstlernamen Shagrath, zusammen mit Kenneth „Tjodalv“ Åkesson und Sven „Erkekjetter Silenoz“ Atle Kopperud die Mystikerhorde Dimmu Borgir.

Übliche erste Besetzungswechsel gingen einher, welche der Sänger stets zusammen mit Gitarrenkönner Silenoz ‚überlebte’.

So sind die beiden auch heute noch die einzig verbliebenen Gründungsmitglieder.

Mit den Jahren eignete sich der schwer tätowierte Vokalist aufgrund seiner Musikbegeisterung irgendwann auch Fertigkeiten am Schlagzeug sowie an der Bassgitarre und am Keyboard an.

Vereinzelt trug er damit auch zum Sound von Dimmu Borgir bei.

An im selbst zog der ganze Medien- und Fan-Zirkus um seine Person ziemlich unbeeinflussend vorbei.

Selbst, als Dimmu Borgir für das dritte Studioalbum „Enthrone Darkness Triumphant“ beim Musikgiganten Nuclear Blast unter Vertrag genommen wurden, erlitten weder sein herzliches Charakterbild sowie seine freundliche Art gegenüber Mitmenschen keinerlei Einbußen.

Ich traf den Sänger sowie die Band bereits mehrmals persönlich für eingehende Interview-Gespräche und auch auf einschlägigen Partys, daher kann ich dies mit absoluter Gewissheit sagen.

Somit gönnt man diesem Kerl eigentlich jeden denkbaren Erfolg: 2002 nahmen Dimmu Borgir den Norwegischen Grammy entgegen, und konkurrierten bei der Verleihung dieses Musikpreises erfolgreich gegen Borknagar und Emperor.

Heute lebt der Multiinstrumentalist in Oslo und nährt seine zahlreichen Hörbegierden mit solch unterschiedlichen Bands und Künstlern wie Bathory, Devil Doll, Chris Isaak, Thorns, W.A.S.P., Slayer, Venom, Monster Magnet, Tangerine Dream, Darkthrone, June Reactor, Astral Projection, Immortal, U2 sowie Jonny Winter und vielen anderen.

Ein Lieblingsalbum seiner eigenen Band hat er aber auch: Es nennt sich „Puritanical Euphoric Misanthropia“.

Als sein Dimmu Borgir-Lieblinglied nennt er hingegen den Song „Relinquishment Of Spirit And Flesh” – dieser stammt vom ´97er Werk „Enthrone Darkness Triumphant“.

Als Einflüsse nennt der Nordmann neben einigen anderen Gruppen hauptsächlich immer wieder Devil Doll und Rob Zombie, was augenscheinlich so gar nicht zum Klischee des bösen Black Metal-Helden passen will.

Dass er von Klischees aber gar nicht so viel hält, beweist Shagrath mit seiner Zweitband Chrome Division, einer Dark Rock’n’Roll-Kapelle, welche zeitgemäßen Rock-Sounds frönt.

2004 war die Gründung von Chrome Division. Und dort singt der Bursche zur Abwechslung mal nicht, sondern schrubbt lediglich die Klampfe.

2006 erschien das Debütalbum „Doomsday Rock’n’Roll“, welches stilistisch eine Art emotional stark abgedunkelter Motörhead-Klanganmut bietet.

Wie sehr damit die einst noch ansatzweise vorhandene Authentizität und Glaubwürdigkeit von Dimmu Borgir endgültig in den Dreck gezogen wurde, muss jeder Hörer für sich selbst entscheiden.

Zum Motto von Chrome Division, nämlich „Booze, Broads & Belzebub“, gesellte sich jedenfalls auch Shagraths ehemaliger Dimmu-Mitstreiter Lex Icon, welcher nun bei The Kovenant trotz aller Klasse schon auch teils arg Befremdliches in moderner Manier zockt. Bekannt wurden zudem Shagraths Gastauftritte: Bei der griechischen Frauen-Black Metal-Horde Astarte lieferte er einen Betrag für den Song „The Ring Of Sorrow“ für deren 2004er Album „Sirens“.

Den deutschen Thrashern Destruction wiederum ging er ein Jahr später für einen Videoclip zur Hand. Sogar ins Power Metal-Fach wagte er sich: Den Amerikanern Kamelot half er wieder Jahr später für das Lied „March Of Mephisto And Memento Mori“ des 2005er Albums „The Black Halo” aus.

Hinter die Binde kippt sich dieser Schreiteufel sehr gerne einen oder zwei, oder auch mehr; sei es ein Ringnes-Bier, russischer Wodka, Jack Daniels-Whiskey oder auch mal eine Cola oder Sprite zum Entgiften.

Seine Seele scheint er allerdings jedoch nicht reinigen zu wollen.

Zurück also zur aktuellen Teufelsplatte „In Sorte Diaboli“, welche in einer ehemaligen psychiatrischen Klinik (…) eingespielt wurde.

Es ist das erste Konzeptwerk in der Band-Historie.

Die von Shagrath hauptsächlich erdachte Story führt ins finsterste Mittelalter.

Dort wird einem Anwärter zum Priester bewusst, dass ihm das Christentum nur Schlechtes bringt, was ihn schließlich zur dunklen Seite führt.

Shagraths' selbstverständlich wohlgemeinte Botschaft an seine Anhänger lautet daher: „Darkness has its attractions, which everyone can feel only hypocrites deny, its time to remove the blindfold of hypocrisy. Stay true to yourself, Hail Satan.”

Ob letzteres aber überhaupt noch allzu ernst zu nehmen ist, erschließt sich meines Erachtens nach schnellstens beim Lauschen der unsäglichen Chrome Division-Monetenquelle.

Wichtigste Alben:
„Stormblåst” (1996)
„Enthrone Darkness Triumphant"(1997)
„Spiritual Black Dimensions” (1999)
„Death Cult Armageddon” (2003)

Bekannteste Songs:
„Broderskapets Ring“ (1996)
„Mourning Palace” (1997)
„Behind The Curtains Of Night” (1999)
„Blessings Upon The Throne Of Tyranny” (2001)
„Progenies Of The Great Apocalypse” (2003)

© Markus Eck, 07.06.2007

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