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Interview: ASENBLUT
Titel: Pure Kraft

Bislang waren diese hartnäckigen Niedersachsen ohnehin nicht gerade zimperlich, wenn es darum ging, brachialer Klanggewalt inbrünstig zu frönen.

Auf dem dritten Album „Berserker“ aber kämpfen Asenblut nun erstmals auch mit überdurchschnittlicher Spielkultur.

So werden die brüsken Pagan Thrash Death Metal-Attacken nicht nur mit viel Liebe und Hingabe zum Detail geritten. Sondern auch das Zusammenspiel der beteiligten Kriegerhände überzeugt mit punktueller Genauigkeit. Und dies ermöglicht den neuen Notenwaffen des entschlossenen Quintetts eine höhere Treffsicherheit. 


Frontmann Tim ‚Tetzel’ Schmidt betreibt mit großem Enthusiasmus Krafttraining. „Der Sport beeinflusst mein ganzes Leben. In den letzten Jahren habe ich mich nicht nur körperlich sehr verändert, sondern insgesamt auf eine ganz neue Art gelernt Ziele zu verfolgen. Egal ob es um sportliche Wettkämpfe oder Dinge geht, die Musik oder andere Lebensbereiche betreffen.“

Fühlt sich Tetzel selbst stellenweise auch wie ein Berserker in Rage?

„Die Nachrichten unserer Tage versetzen mich weniger in Rage als vielmehr in Trauer, Kopfschütteln und Nachdenklichkeit. Musik bietet dazu glücklicherweise auch Abstand und die Chance sich in etwas Kreatives, Positives zurückzuziehen. Die Widerstände in den Songs werden auf anderen, abstrakteren Ebenen ausgetragen.“

Was außer wild zu Feiern und zu Jubeln haben Asenblut dem Tag gemacht, nachdem der Plattendeal mit AFM zustande kam?

„Wir hatten zu dem Zeitpunkt einen bestehenden Deal mit MDD Records. Somit habe ich erstmal Markus von MDD angerufen und ihm die Situation erklärt - die Chance die uns da geboten wurde, hat er natürlich ebenso gesehen und uns dementsprechend auch gehen lassen. Wir haben sehr gut mit ihm gearbeitet, aber AFM hat natürlich andere Mittel und Werkzeuge an der Hand, den Menschen unsere Musik zu präsentieren“, erzählt Tetzel.

Auch Gitarrist Claus Cleinkrieg erinnert sich noch gut: „In erster Linie wurde in die Hände gespuckt. Zu dem Zeitpunkt war noch nicht einmal die halbe Platte geschrieben, und es war klar dass wir schnellstmöglich veröffentlichen sollten. Da war also auch noch ein riesiger Berg Arbeit vor uns, den es erstmal zu erklimmen galt. Und wir wollten ja schließlich nicht nur  irgendwelche Songs schreiben, sondern Songs, die dem Anspruch eines Deals mit einer so großen Firma wie AFM gerecht werden.“

Wie Claus zur stilistischen Mixtur der neuen Platte berichtet, die außerordentlich urwüchsig geworden ist, führten mehrere folgerichtige Schritte dazu.

„Stilmix ist ja schon seit jeher bei uns zu finden gewesen, weil einfach die sehr verschiedenen Geschmäcker aller Bandmitglieder ins Composing mit einfließen. Maßgebend für die Weiterentwicklung zu dem, was nun dabei herauskam, waren neben der Auseinandersetzung mit den Kritiken zum letzten Album ‚Von Worten und Taten’ aber auch die mit der eigenen Entwicklung. Da ist allem voran die vor allem auch persönliche Entwicklung von Tetzel zu nennen. Durch seinen sportlichen Werdegang ist er als Frontmann ja auch zu einer sehr beeindruckenden Figur geworden. Dazu kommt auch noch sein martialischer Gesangsstil. Es ist klar, dass das Konzept nur funktioniert, wenn die Musik das mitträgt. Verträumt-elegisches Black Metal-Geseiere oder naives Pagan- Flötengeträller ist für mich nicht nur musikalisch undenkbar, sondern funktioniert auch im ‚Gesamtkonzept Asenblut‘ absolut nicht. Das wäre konstruiert und nicht authentisch, es gäbe keine Verbindung zwischen Außenwirkung und musikalischem Ausdruck.“

Tetzel ergänzt seinen Bandkollegen:

„Schließlich haben wir uns auch einfach Zeit genommen. Es gab viele innere und äußere Faktoren die das Leben eines jeden Bandmitglieds immer mal wieder durcheinander gewirbelt haben. Dabei haben wir stets durch die Musik unseren Anker gehabt. Jedoch wollten wir zu keinem Zeitpunkt etwas über’s Knie brechen nur um auf Teufel komm raus eine Platte zu machen. Es sollte eine Scheibe sein, die unseren Ansprüchen genauso genügt wie dem der Fans.“

Claus, der Mann mit dem bei der Band durchaus programmatisch erscheinenden Nachnamen, komponierte auch die neuen Nummern nach bewährtem Schema.

„Musikalisch ist es oft so, dass mir schon länger eine bestimmte Ideen im Kopf herumschwirrt, die nur darauf wartet, verarbeitet zu werden. Allerdings schreibe ich die Songs meistens nicht - wie man sich das klischeehaft vorstellen mag - mit solchen typischen Gefühlen wie Wut oder Hass, Freude oder Euphorie im Bauch. Eigentlich habe ich immer die gleiche Stimmung in mir, wenn ich schreibe: Entspannt. Ich brauche ein großes Maß an Ruhe und Muße, um mich auf die Ideen einzulassen und diese verarbeiten zu können. Dies geschieht in der Regel sonntags nachmittags nach einem etwas längeren und sehr ruhigen Wochenende.  Dann verhärtet sich eine Idee und ballt sich zu einem großen Klumpen, der einfach auskomponiert werden will. Meistens mit einem guten Cappuccino dabei - so richtig atypisch. Der Rest geschieht dann mit den anderen gemeinsam im Proberaum, beispielsweise das Ausarbeiten der Lyrics.“

Tetzel fügt dem an: „Die Texte sind vor allem durch die Stimmung der Songs entstanden und der jeweiligen Inspirationsquelle. Ich beschäftige mich in den letzten Jahren viel mit Hörspielen und (Fantasy-)Literatur, aber eben auch mit Videospielen wie ‚Heroes Of The Storm‘ oder ‚Darksouls‘ und habe die Songs wieder und wieder gehört. Je nachdem welche Stimmung ein Lied dann auslöste, passte die eine oder andere Inspirationsquelle auf ihrer Art zur Stimmung des jeweiligen Songs.“

Im direkten Vergleich mit dem 2013er Albumvorgänger „Von Worten und Taten“ erwartet die geneigten Hörer seiner eigenen Einschätzung nach auf musikalischer Ebene auf „Berserker“ vor allem ein fetterer Sound, straighteres Riffing, reifere Kompositionen und epischere Melodien, konstatiert Claus.

„Dennoch ist aber auch eine gewisse Treue der eigenen Stilistik gegenüber vorhanden.“

Tetzel wirft ein: „Die schon erwähnten Gesangslinien welche die Songs jetzt noch besser stützen. Außerdem einfach mehr Asenblut in allen Bereichen!“

Der neue Gitarrist Yuri hat einige Solokompositionen und auch die Grundidee zu „Berserkers Ruhmeserinnerungen” geliefert, weiß Claus zu informieren. „Grundsätzlich aber werden alle Songs von mir ‚gefinished‘, dass heißt also strukturell und melodisch arrangiert. Dabei kommen etwa 60 % der Ideen zum Songwriting von mir und circa 40 % von Balrogh. Die Texte sind von Tetzel, die Phrasierungen der Texte  werden im Proberaum gemeinsam einstudiert.“

Die allergrößte Stärke der aktuellen Kompositionen auf „Berserker“ besteht laut Claus darin, dass die Songs alle eine enorme Kraft und Geschwindigkeit haben und jeder für sich seine ganz eigene Stimmung kultiviert.

„Dennoch bleiben sie hängen, weil viele hookige Melodien mit eingeflossen sind und die Riffs derb und knackig zur Sache gehen. Das trägt den Gesang von Tetzel und ergibt ein stimmiges Gesamtbild, mit dem wir uns und das was wir rüber bringen wollen, identifizieren. Kompromisslos.“

Laut Claus gibt immer eine Menge Ideen für das Asenblut-Songwriting.

„Viele davon sind auf meinem Handy, manches in der Dropbox. Die meisten Einfälle kommen von mir oder Balrogh. Wir beide sind mittlerweile dazu übergegangen, diese Ideen zunächst mit programmierten Drums als ‚Skizze‘ aufzunehmen, um mit Abstand und der Meinung der anderen Bandmitglieder ein Gefühl dafür zu bekommen, was daran ‚typisch Asenblut‘ ist und was davon verworfen wird. Von dem, was überbleibt, wird dann von mir ein fertiger Song ausgearbeitet. Bei der Auswahl haben wir dieses Mal noch mehr Wert auf Griffigkeit und Catchiness gelegt. Wir wollten weniger vertrackte Songstrukturen und achteten vor allem auf die Stimmung und die Power, die letzten Endes durch den ‚Berserker‘ und Tetzel verkörpert werden.“

Das gesamte Songwriting beziehungsweise Ausarbeiten des neuen Materials vollzog sich laut Claus über eine längere Zeit.

„Es gab eigentlich bis Anfang 2015 nur einen Song, den wir auch bereits als Web-Single mittels eines Youtube-Videos veröffentlicht hatten: ‚Horizonte‘. Es gab zu viel anderes, was bis dahin wichtig war. Mit dem Songwriting habe ich tatsächlich erst Anfang 2016 so richtig angefangen und habe zwölf Songs in rund 13 Monaten geschrieben. Unterstützt wurde ich durch viele Ideen, die von unserem Drummer Balrogh kamen. Alleine hätte ich das sicherlich nicht geschafft. Die Texte - von Tetzel - kamen erst ab Spätsommer bis Herbst letzten Jahres dazu.“

Auf nennenswerte Höhen und Tiefen beim Songwriting angesprochen, zieht der Axeman die Augenbrauen hoch.

„Es gibt unterschiedliche Problematiken beim Songwriting. Das fängt ganz trivial damit an, dass man manchmal einfach vollkommen ideenlos ist.  Eine gute Idee alleine macht dann aber auch noch keinen ganzen Song. Manchmal bleibt man wochenlang an einer Stelle kleben und kommt einfach nicht weiter, weil man keinen Anschluss findet. Denn meine persönliche Meinung ist: Eine gute Idee ist nur so viel wert, wie der Rest, der da drumherum gestrickt wird. So kann das mitunter sehr frustrierend sein. Hat man einen Song erstmal fertig, ist man persönlich zunächst unfassbar stolz, muss sich aber dennoch der Kritik der Bandkollegen aussetzen, um dann den letzten Feinschliff anzusetzen. So arbeitet man sich ehrgeizig von einem Punkt zum nächsten und hofft, dass der Song am Ende ein Gefühl hinterlässt, das einen zufrieden macht - und hoffentlich auch den Hörer. Hin und wieder ist es aber auch so, dass sich aus einer einzigen Idee wie aus dem Nichts heraus ein Song im Kopf geradezu manifestiert. In solchen Momenten hoffe ich dann immer nur, dass ich es schnell genug aufgenommen bekomme, um die Ideen festzuhalten. ‚Berserkerzorn‘ oder auch ‚Bittere Wacht‘ waren solche Songs.“

Tetzel hängt dem aus eigener Erlebenssicht an: „Die Textideen kamen teilweise sehr spät erst zu den Stücken. Als ich dann aber einmal im kreativen Prozess war, sind die letzten sechs bis sieben Stücke schnell vervollständigt worden.“

Tetzel, wie kam die Idee zum Albumtitel - Bücher, Filme? „Der Titel spiegelte einfach auf Anhieb den Inhalt des Albums wieder. Somit waren wir uns beim ersten Aussprechen einig. Dieses Manifest heißt ‚Berserker‘!“

„Berserker“ ist ein Titel, der die lyrische Richtung eigentlich ja schon vorgibt … worum geht es also in den Songtexten hauptsächlich?

„Es geht um die unterschiedlichsten Dinge. Es gibt kein Konzept, allerdings heißt der rote Faden ‚Selbstbehauptung‘ - das Überwinden von inneren und äußeren Wiederständen oder eben auch das Erkennen der eigenen Ohnmacht. Dabei sind die Inspirationsquellen sehr vielfältig. Wie schon erwähnt aus Literatur (Lovecraft) Videospielen (Darksouls, Heroes Of The Storm), Mythologie (Bittere Wacht), Hörspiele (Offenbarung 23, Gabriel Burns) und den Widerständen des Alltags“, erläutert Tetzel.

An dieser Stelle darf erwähnt sein, so Claus, dass Asenblut schon gut ein Jahr vor den Aufnahmen des neuen Albums Kontakt zu Orden Ogan, ebenfalls eine AFM-Band, aufgenommen haben.

„Wir traten mit Orden Ogan-Mastermind Sebastian ‚Seeb‘ Levermann in Verbindung, der dann letzten Endes auch unsere ‚Berserker‘-Scheibe aufgenommen und gemixt hat. In dem Jahr hat sich auch ein sehr guter persönlicher Kontakt ergeben, der sowohl freundschaftlich als auch musikalisch sehr bereichernd ist, so dass der Kontakt weit über die rein künstlerische Ebene hinaus auch noch weiter besteht.“

Live gespielt haben Asenblut im Jahr 2015 fast gar nicht, lässt der Gitarrist wissen. „Die ‚Devil's Wall Trophy‘ und das daran hängende Rockharz und die Warm-Up-Show dazu waren im Wesentlichen die einzigen Live Events. Neben den Kompositionen des neuen Albums war das vorrangig bestimmende Thema bei uns eigentlich die interne Besetzung. Wir haben in den letzten zwei Jahren häufige Umbesetzungen an der zweiten Gitarre und am Bass gehabt. Neue Mitmusiker einzuarbeiten kostet viel Zeit und Energie. Mittlerweile haben sich beide Positionen dauerhaft besetzen lassen, sodass wir für die kommenden Liveshows bestens gerüstet sind.“

Asenblut haben laut Claus nach den vielen Querelen der Umbesetzung in den letzten zwei Jahren erst seit ungefähr vier Monaten wieder ein festes Line-Up.

„Eine Besetzung, von der wir menschlich und musikalisch sicher sind, dass es gut und dauerhaft funktioniert. Wenn man so lange miteinander Musik macht und befreundet ist, geht man durch viele Höhen und Tiefen und es ist nicht alles immer nur toll. Entscheidend ist, dass man dennoch gemeinsam an einem Strang zieht. Bandmitglieder an der zweiten Gitarre und dem Bass haben das nicht immer. Sei es aus menschlichen oder aus rein organisatorischen Defiziten. Mit Yuri an der zweiten Gitarre und Deimos am Bass haben wir jetzt zwei sehr verlässliche und musikalisch ehrgeizige Mitglieder, die mittlerweile nicht mehr wegzudenken sind.“

Tetzel resümiert noch: „Ansonsten ging es natürlich daran, die gesamte Gestaltung des Albums zu regeln. Neuer Webauftritt, Merchandise, Frontcover etc. Die Texte entstanden als die Musik weitestgehend fertig war und wurden erstmals nicht nur im stillen Kämmerlein von mir, sondern mit einer Grundidee, die vorher entstanden war - durch das Hören des entsprechenden Songs - im Proberaum ausgearbeitet. Dies bot die Möglichkeit, die Gesangslinien direkter und interessanter auszuarbeiten. Eine der für uns selbst fühlbarsten Steigerungen im Vergleich zu den vorherigen Alben.“

Das Schreiben der neuen Songs lastete vor allem auf den Schultern von Balrogh und Claus, legt Shouter Tetzel dar.

„Claus hat schlussendlich die Ausarbeitung aller Ideen übernommen und dann im Proberaum mit uns vervollständigt. Die Texte stammen, wie gesagt, alle von mir. Alles was Öffentlichkeitsarbeit, Kontakt usw. betrifft ist dabei meine Aufgabe, wobei Claus mich in Interviews inzwischen vermehrt unterstützt. Als Kern von Asenblut und den Ideen die dahinter stehen, ist uns das auch wichtig. Ansonsten hat jedes Mitglied seine Aufgaben wie Versand, Technik usw.“

Wie Claus danach offenbart, macht es ihm einfach Spaß, wenn es rockt und groovt.

„Ich habe schon viele Instrumente gespielt. Aber kein Instrument hat sowohl meine persönlichen Geschmackspräferenzen und musikalischen Fähigkeiten so gut wiedergegeben wie die E-Gitarre. Daher kann ich mit Fug und Recht behaupten, dass der Hauptantrieb zu musizieren für mich tatsächlich das Gitarrenspiel ist. Ich habe jedoch mit der Zeit bemerkt, dass mir das im Zusammenspiel in einer Gruppe noch mehr Spaß bringt - vor allem, etwas gemeinsam zu erschaffen anstatt nur allein im stillen Kämmerlein vor mich hin zu dudeln. Mir ist wichtig, dass mein Gitarrenspiel den Zuhörer dabei auf griffige Art sehr schnell mitreißt. Wenn ich beim Zuhörer dann genau diese Resonanz bekomme, dass mir das gelungen ist, dann ist das der größte Antrieb genauso weiter zu machen.“

Für Tetzel hingegen geht es primär um das Ausleben von Kreativität und Persönlichkeit.

„Man spielt in verschiedenen Situationen unterschiedliche Rollen. Diejenige als kreativer Musiker und brachialer Frontmann ist dabei für mich eine der schönsten.“


Der Frontmann erhofft sich für Asenblut, für die neue Scheibe und insgesamt für den Rest von 2016 vor allem, dass die neue Platte gehört wird. „Für die Band und das weitere Jahr wünschen wir uns daher viele Auftritte und jede Menge Menschen, die unsere Musik erreicht und begeistert.“

© Markus Eck, 25.07.2016

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