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Interview: DARK TRANQUILLITY
Titel: Erhabene Zerstörungsklänge

Wenn eine der besten und berühmtesten Schwedenbands wie diese ein neues Album veröffentlicht, steht die Melodic Death Metal-Welt in Flammen.

„Damage Done“, so der Titel, rechtfertigt diesen Ausnahmezustand vollauf. Dark Tranquillity – der Name ist Programm. Als das zu Beginn der ´90er gegründete Sextett aus Billdal, Göteborg 1993 sein bahnbrechendes Debütalbum „Skydancer“ von der Kette ließ, schien die bis dahin aus vordergründig aggressiver musikalischer Brutalität bedachte Musikszene des Landes in ihren kreativen Grundfesten erschüttert.

Diese feinfühlige Melodiösität, diese neuartigen wahnwitzigen Spiel- und Gesangstechniken (ekstatische, hochexplosive Gitarrenarbeit nebst heißerem, aber kontrolliertem Gekreisch) und solch traumwandlerisches songwriterisches Gespür: All dies kannten damalig tonangebende Todestruppen wie Dismember, Unleashed, Entombed, At The Gates oder auch Grave nicht.

Mit „Damage Done“ ist Dark Tranquillity erneut eine atemberaubende musikalische Vorstellung aus dem Reich der Einzigartigkeit gelungen.

Ausnahmesänger Mikael Stanne, die beiden Gitarristen Niklas Sundin und Michael Niklasson, Bassmann Martin Henriksson, Drummer Anders Jivarp und Martin Brandstrom (electronics) kreierten nichts weniger als ein weiteres wunderschönes Meisterwerk anspruchsvollster und abwechslungsreichster schwermetallisch-schwelgender Verzweiflungsmusik.

„Wir hatten noch niemals ein Augenmerk darauf gelegt, weltliche oder soziale Mißstände in unserer Musik zu verarbeiten, so daß die im neuen Albumtitel genannte Zerstörung nur im übertragenen Sinne gesehen werden kann. Die exakte Bedeutung kann, wie immer bei uns, nur von den Hörern enträtselt werden. Deswegen wurde bei Dark Tranquillity seit jeher größte Sorgfalt auf durchdachte und sorgfältig ausgearbeitet Lyrik gelegt. Wir möchten unsere Hörer dazu animieren, durch das Konsumieren unserer Musik die Texte aufmerksam zu studieren, darüber nachzudenken und jeweilig individuell zu interpretieren. Und wir möchten es niemandem zu leicht machen, uns und unsere Ansichten zu verstehen”, eröffnet Gitarrenartist Niklas Sundin den Informationsaustausch hinsichtlich der Frage, inwieweit der Titel des aktuellen Werkes mit der gegenwärtigen Weltsituation zu tun hat.

Er ergänzt: „Unser Sänger Mikael kam damit an. Es zirkulierten anfangs noch einige andere Titelvorschläge in der Band, aber `Damage Done` war der beste und vor allem passendste. Nicht zuletzt, weil der Sound des neuen Albums härter und harscher als der des Vorgängers klingt, sondern auch weil wir uns einen solchen Titel genau vorgestellt hatten: Irgendwas direktes und konzeptionell voll ins Schwarze Treffendes.“

So soll der Vergleich aus erster Hand mit dem letzten Album „Haven“ hier nicht fehlen.

„Verglichen mit `Haven` ist `Damage Done` noch ein wenig komplexer und technischer gehalten, mit immens vielen verarbeiteten Ideen und Arrangementdetails, welche beileibe nicht auf den ersten Albumdurchlauf zu erfassen sind.“

Dies geschah jedoch eher unbewußt, wie der talentierte Gitarrenhexer, der sich bisher auch als sehr erfolgreicher Layouter und Coverdesigner einige Lorbeeren verdient hat, resümiert:

„Wir hatten keinen nennenswerten Grund, unsere neuen Songs in die vorliegende Form zu bringen. Die ganze Band fühlte sich wie zu jeder Zeit, wenn wir neue Stücke komponieren, zusammen ausarbeiten und nachfolgend einspielen. Wir strebten es instinktiv an, daß die Tracks auf `Damage Done` genau so klingen, wie man sie jetzt hört. Ich schätze, der Grund für diese immer wieder sehr individuelle Vorgehensweise ist das starke Verlangen in uns allen, ständig neue Dinge auszuprobieren und es deswegen unserer Musik nicht zu erlauben, daß sie stagniert. Ich habe nichts gegen Bands, die sich über die Jahre ihrer Existenz nicht großartig weiterentwickeln, aber wir würden schnell das Interesse an unserer Musik verlieren und Dark Tranquillity würden sich innerhalb kürzester Zeit auflösen, wenn wir nicht fortlaufend auf jedem Album neue kreative Pfade beschreiben würden.“

Dafür spricht auch der weitauslaufende Horizont an Einflüssen:

„Wir holen uns aus allen vorstellbaren Dingen Impressionen für das Schreiben von Songs: Weltgeschehnisse, persönliche Erfahrungen, musikalische Vorlieben etc. Alles das, was wir jeden Tag aufs Neue erleben, fließt in die Stücke ein. Obwohl Martin Henriksson und Anders Jivarp die Hauptschreiber der aktuellen Riffs waren, arbeiteten wir jede neue Komposition in Gemeinschaft aus.“

Mit dem Abschlußtrack „Ex Nihilo” liefern Dark Tranquillity erstmals ein reines Instrumentalstück ab. Niklas erklärt den Entstehungshintergrund.

„Wir dachten, daß sich der Song ohne Gesang am Besten anhört. Anfänglich erstellten wir noch eine Alternativversion mit anderer Songstruktur und integriertem Gesang, aber letztendlich hörte sich die Instrumentalversion am Ende des Tages dann doch am reizvollsten an. Obwohl wir seit jeher kleine instrumentelle Intros und Outros im Programm hatten, ist `Ex Nihilo` unser erstes reines Instrumentalstück.“

© Markus Eck, 02.07.2002

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