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Interview: DIMMU BORGIR
Titel: Idealistisch geprägte Geisteshaltung

Eine bisher in ihrem musikalischen Metier in dieser Form noch nicht da gewesene Veröffentlichung steht mit der heiß ersehnten 140-minütigen Doppel-DVD von Dimmu Borgir an. Die norwegischen Dunkelstars sammelten hierfür eine reizvolle Vielfalt an Live- als auch privatem Archivmaterial an. Darunter viele bisher unveröffentlichte Photos aus der Frühphase der Band, um ihren Fans damit ein ganz besonderes Erlebnis sowohl akustischer als auch optischer Natur zu ermöglichen.

Mittels mühevoll aufbereiteter Photogalerien, Interview-Sektionen und einer wahren Bilderflut bringt das exklusive Teil die erfolgreichste Band des Genres ihren Fans so nah wie nie zuvor. „World Misanthropy“, so der Titel des informativen Releases, ist für eiserne Dimmu Borgir Anhänger daher zweifelsohne eine wahre Fundgrube.

Die enthaltene Mischung aus altem - seit den Anfängen - und neuerem (Momentaufnahmen von einer der letzten Touren) Bild- und Tonmaterial ist mit viel Liebe für die Fans, und nur für die, gemacht worden.

Der langjährige Dimmu Borgir-Saitenschinder Silenoz weiß daher etwaig aufkommende Vorwürfe kommerziell anklagender Natur gegen „World Misanthropy“ von vornherein effektivst abzuwehren:

„Das Ziel in dieser Sache war von Anfang an, eine DVD zu veröffentlichen, welche uns nicht nur als hyperprofessionelle Black Metal Band zeigt, sondern auch als ganz normale Menschen mitten im täglichen Leben. Innerhalb dem immensen Popularitätsstatus, an dem wir mittlerweile angekommen sind, ist das normalerweise nicht mehr möglich. Alles muß immer nach außen hin perfekt wirken, alles ist gewissen Performancegesichtspunkten unterworfen. Mit diesem Release können wir uns jedoch so darstellen, wie wir wirklich sind: Musiker, Metal Fans und Menschen, die durch ihre Musik Spaß am Leben haben. Wir sind die größten Metal Fans, die man sich vorstellen kann. Wir alle in der Band lieben diese Musik und ihre Klischees über alles – bedingungslos. Hier, auf `World Misanthropy` können wir uns endlich einmal genau so zeigen. Schaut euch die Filmaufnahmen vom `Dimmu Borgir Rehearsal Dungeon` an, dann versteht ihr, was genau ich damit meine.“

Dort geht es allabendlich richtig heiß und feucht her: Das Bier fließt in Strömen und auch den traditionellen Metal gibt es dort scheinbar direkt vom Faß. Die Band und ihre dortigen Freunde verstehen es, diese Musik angemessen zu feiern, wie man sehen kann. So hat man Dimmu Borgir noch nie gesehen, garantiert.

Besonders reizvoll dürften für längere Anhänger der Band auch die teilweise sehr frühen Filmaufnahmen und Selbstportraits ihrer Faves sein, wie Silenoz vorab preisgibt. „Unser aller Augenmerk legten wir bei `World Misanthropy` vor allem darauf, unsere gesamte Karriere seit den Anfängen mittels einer Vielzahl an zumeist bisher unveröffentlichtem Archivmaterial zu dokumentieren. Schließlich waren Dimmu Borgir ja nicht schon immer so groß im Geschäft, warum also jetzt darüber hinwegsehen? Auch wenn es uns wieder und wieder vorgeworfen wird: Wir sind keine verdammten Rockstars!“

Die ausschlaggebende Idee zu „World Misanthropy“ trugen Dimmu Borgir laut meinem Gesprächspartner schon seit einigen Jahren mit sich herum. Silenoz hierzu:

„Alles ging von uns aus, unser Label hatte damit nichts zu tun. Wir trugen den Vorschlag vor einiger Zeit an sie heran. Und sie willigten schnell ein, weil ihnen die Idee auf Anhieb gefiel. Eine mit solch großen Aufwand erstellte DVD hat es im Black Metal Genre bisher noch nicht gegeben, allein von daher war eine solche Veröffentlichung schon reizvoll genug.“ So übernahmen Dimmu Borgir auch im Alleingang die Auswahl des zu veröffentlichenden Materials. „Wir stöberten einige Zeit in sämtlichen Film- und Photokisten, die wir alle bei uns so aufbewahren. Als jeder seinen kompletten Beitrag dafür beieinander hatte, trafen wir uns, schmissen alles auf einen Haufen und selektierten in gemeinschaftlicher Demokratie aus. Das dauerte ganze acht Tage. Danach sendeten wir die ausgesuchten Sachen an Nuclear Blast und sie erstellten daraus in sehr enger Kooperation mit uns die beiden DVDs. Insgesamt dauerte alles bis hin zum jetzigen fertigen Produkt ca. ein halbes Jahr. Als wir im August 2001 von unserer Südamerika Tour heimkehrten, hatten wir auch noch genug aktuelles Live-Material in Ton und Bild zusammen. Dann konnten für die DVDs so richtig loslegen.“

Und da kam schnell einiges zusammen. „Insgesamt hatten wir schlußendlich inkl. der zuvor in Norwegen aufgenommenen Bänder fast 45 Videos in den Händen – daraus die passenden Szenen herauszuschneiden, nahm doch einiges an Arbeitsaufwand in Anspruch. Aber das war genau richtig, denn so konnten wir wirklich exakt die Szenen verwenden, welche am besten zueinander passen. Meistens wirken solche DVDs nämlich doch irgendwie zusammengeschustert, weil anscheinend nicht immer ausreichend Bild- und Filmaufnahmen zur Verfügung stehen. Das ist bei `World Misanthropy` nicht der Fall, was auch bewußt angestrebt wurde.“

Die Band konnte zudem auf deutsche Live-Aufnahmen aus Stuttgart und Wacken zurückgreifen, aber auch eine polnische 1998er Show und ein 1999er Festivalauftritt in Mexiko wurden verewigt. Wissenswert:

Die schnellsten Käufer kommen in den Genuß einer zusätzlichen limitierten Bonus-CD, welche ansonsten nur auf den japanischen Albumversionen erhältliche Bonustracks und Download Material wie Wallpapers und Screensavers enthält. Das Frontcover von „World Misanthropy“ sieht nicht nur toll aus. Sondern es gefällt auch Silenoz.

„Es wurde von Joachim Luetke angefertigt, der sonst bisher unsere T-Shirt Designs kreiert hat. Es ist ein wenig im Giger-Style gehalten – ein richtiges Killerbild. Es paßt perfekt zu unserer neuen Veröffentlichung und reflektiert unseren Stil hervorragend.“

Die Interviews darauf mit den Dimmu Borgir-Jungs sind auch sehr sehenswert. Silenoz bekennt:

„Wir waren stellenweise sehr nervös, weil wir alles selbst aufnahmen – und so viel Erfahrung haben wir in solchen Dingen noch nicht. So filmte Shagrath mich – und ich ihn. Das war eine seltsame Erfahrung für uns. Ganz besonders, als wir uns dann hinterher selber im jeweiligen Film sahen. Sogar unser gefährliches Raubtier an den Drums, Nick Barker, war unheimlich nervös, wie ihr sehen werdet. Er ist eben ein typischer Engländer, der mit seiner schüchternen Art in Interviews eigentlich immer wieder diesbezügliche Probleme hat. Aber dafür sind die Interview Aufnahmen auf `World Misanthropy` auch garantiert unbearbeitet und in ihrer ganzen ungekünstelten Authentizität belassen worden. Genau so wollten wir es haben – keine Schönfärberei, kein glattpoliertes Produkt, keine Tricks. Dimmu Borgir pur eben!“

Sehr herzliche und glaubhafte Worte von Silenoz, der in bester Erzähllaune schnell anknüpft. „Ein ganz besonderes Vergnügen dürfte den Käufern u.a. auch eine bisher unveröffentlichte Filmaufnahme aus unserem privaten Archiv bereiten, welche uns in unserem damaligen Übungskeller beim Rehearsal des Stücks `Alt Lys Er Svunnet Hen` vom ´96er `Stormblåst` Album zeigt. Wir spielten den Song, einer unserer persönlichen Alltime-Faves, auch auf unserer gerade absolvierten US-Tour – aber leider kennen ihn die Amerikaner noch nicht so gut, wie wir es uns wünschen. Stellenweise gingen aber schon einige Fäuste hoch, als wir das Stück spielten.“

Dies wird sich jedoch schon bald ändern, denn „Stormblåst“ soll in den Staaten in Lizenz in größerem Umfang veröffentlicht werden. „Da unser Debüt `For All Tid` durch Nuclear Blast America schon seit längerem dort erhältlich ist, ist der dortige Release von `Stormblåst` überfällig.“

Apropos Amerika, die dort vor kurzem bestrittene Tour von Dimmu Borgir war ein voller Erfolg für unsere norwegischen Helden. Silenoz resümiert:

„Wir bereisten die Staaten für einen ganzen Monat. Da die ganze Tourdauer nur drei Offdays beinhaltete, an denen wir keine Auftritte hatten, war es alles in allem ziemlich stressig für uns. Vor allem, weil gerade die auftrittsfreien Tage sowieso für längere Busfahrten eingeplant waren.“ Erhöhte Anforderungen also, die ihren Tribut forderten. Silenoz hatte nach Beendigung der Tour ziemlich mit den körperlichen Ermüdungsfolgen zu kämpfen, so daß der Gute den ersten vereinbarten Interviewtermin schlicht vergaß und mich umsonst am Mobilteil warten ließ. Aber Schwamm drüber, ich kann ihn nur zu gut verstehen.

Von Busfahren und ähnlichem hat der nordische Saitenartist aber jetzt erst mal die Schnauze gestrichen voll, wie wir erfahren:

„Als wir zur vorletzten Konzertstation in Salt Lake City fahren wollten, baute der Busfahrer einen Crash mit dem Nightliner, so daß wir via geliehenen Pick Up-Trucks weiterziehen mußten. Als wir dann später in einem neuen Nightliner über die Berge von Denver fuhren, gerieten wir auch noch in einen tosenden Blizzard.“

Jetzt wird es dramatisch: „Dort ereignete sich im Schneetreiben ein Unfall auf der dortigen Straße, was unser Fahrer zu spät erkannte. Beinahe wäre er voll aufgefahren. Aber der Hammer war, das er bei dem panikartigen Bremsmanöver auf der Straße ins Rutschen kam und uns deswegen ein ewig langer Truck samt Trailer in voller Fahrt um nur 30 Zentimeter verfehlte. Ich und einige der anderen schliefen gerade ein wenig, als wir abrupt durch den Bremsruck aufwachten. Danach hielt der Fahrer erst einmal an. Er war fix und fertig... Als wir die entstandene Situation danach durchsprachen, war uns schlagartig klar, welch großes Glück wir hatten. Eine Sekunde später, und ein Teil von uns wäre zerquetscht worden wie weichgekochte Kartoffeln. Uns war enorm unheimlich im Moment dieser Erkenntnis zumute. Keiner in der Band wird das jemals vergessen! Ich für meinen Teil war sehr froh, wieder zu Hause zu sein.“

Eine krasse Story, die mitreißen kann. Doch waren die Shows auch ein tolles Erlebnis für Silenoz.

„In Los Angeles hatten wir volles Haus und wirklich gigantische Stimmung mit circa 1.200 Besuchern. Die Show im New Yorker Hard Rock Cafe war sogar so gut besucht, daß sogar fast 200 Fans draußen bleiben mußten, weil der Platz einfach nicht da war, um sie unterzubringen. Der dortige Promoter unterschätzte die Zahl unserer Fans total und buchte den Club in unüberlegter Weise. Einfach vorzustellen, wie es daraufhin da drin abging – es war die reine Hölle. Das war eine sehr schöne und in Erinnerung bleibende Erfahrung für uns alle bei Dimmu Borgir.“

Doch nicht nur das werden Dimmu Borgir wohl niemals mehr vergessen: „Eine echt seltsame (und irrwitzige) Begebenheit ereignete sich in Nebraska. Dort waren wir in einem winzigen Miniclub gebucht, der unmittelbar an eine Bowlingbahn angeschlossen war. Club und Bowlinghalle betrugen jeweils circa die Hälfte des gesamten Gebäudekomplexes. Um von unserem winzigen Umkleideraum auf die Bühne des Clubs zu gelangen, mußten wir doch glatt durch diese zu der Zeit vollbesetzte Bowlingbahn gehen. Man kann sich die staunenden, verdutzten und auch erschreckten Gesichter der dort anwesenden, überwiegend älteren Bowler leicht vorstellen, als sie uns in vollem Bühnenoutfit an sich vorbeiziehen sahen. Wir blickten uns an und konnten uns ein sehr breites Grinsen nicht verkneifen.“

© Markus Eck, 20.05.2002

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