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Interview: GEHENNA
Titel: Überraschende Ursprünglichkeit

Die Norweger Gehenna haben sich seit der 1993er Bandgründung mit den Jahren immer mehr vom epischen Schwarzstahl der besessenen Anfangstage hin zum tiefschwarzen Death Black Thrash Metal verpuppt.

Finales Resultat solcher Abwandlung ist das momentan erscheinende Album „Murder“, Gehennas fünfter Longplayer. Auf diesem geht man dermaßen in die Vollen, daß alles zu spät scheint.

Bestialisch growlendes Shouting dominiert brachiale und gleichfalls tosende Riffmonster, die wuchtige Energieschübe transformieren können. Man hat den Eindruck, als wolle die Band der ganzen Welt zeigen, wie ihre Version von zeitgemäßer metallischer Beschallung aussieht.

Nämlich so, als wollten sie gnadenlos aufräumen mit all den unzähligen schwülstigen Bombast Black Metal-Horden, die sich in immer wieder gleichen und ausgelutschten Gestaltungsmitteln ergehen.

„No keys, no wifes, no tender shit“ scheint das programmatische Motto von „Murder“, einem Release, welcher seinem Titel alle Ehre macht.

Zeigte schon das 1998er Tondokument „Adimiron Black“ eindeutige Tendenzen in die momentan gefahrene Route von Gehenna auf, wurden diese nun bis zum letzten ausgereizt und zur Reinkultur erhoben.

Auch die in der Vergangenheit zu beobachtende Abkehr von überlieferter Symbolik hat ein vorläufiges Ende gefunden.

Es regiert neuzeitlich unüberhörbar der blanke Haß in den Kompositionen des um sich wütenden Quartetts mit der abartigen aggressiven Attitüde. Ob solcher Tatsachen sichtlich beeindruckt und gleichermaßen auf den Plan gerufen, drängte sich mir ein Dialog mit Multiinstrumentalist und „Pressesprecher“ Sanrabb förmlich auf.

Und das Gründungsmitglied von Gehenna weiß zu berichten: „`Murder` stellt die Band genau so dar, wie wir sie uns schon seit längerem vorstellen. Wir sind alle sehr überzeugt von der neuen Scheibe und unser Bestreben, der gespielten Musik einen gehörigen Schub an Aggression zu injizieren, haben wir zur Gänze verwirklicht. Wir haben auch gar nicht sehr lange an unserem geänderten Sound gefeilt und getüftelt, es hat sich mit der Zeit eben einfach so ergeben!“

Liege ich denn mit meiner Schlußfolgerung richtig?

„Der Hauptgrund für den krassen Stilwechsel war die Gleichförmigkeit der heutzutage agierenden Bands. Als wir anfingen, diese Musik zu spielen, waren es beileibe nicht so viele Bands, welche in dieser Richtung arbeiteten. Aber mit der nachfolgenden Zeit fanden sich wie man weiß Tausende Nachäffer und Trittbrettfahrer, die die Einzigartigkeit des dramatisch-epischen Black Metal doch arg ins Wanken brachten. So verloren wir mit dieser Entwicklung doch viel von der anfänglichen Lust und Leidenschaft an unserem Sound. Als wir immer weniger Freude damit hatten, begann der Prozeß der Veränderung ganz von selber. Wir merkten, wie wir immer mehr Spaß daran hatten, bei den Rehearsals auf die Glocke zu hauen. So entstand das Material für `Murder` wieder ohne bewußtes Kalkül einfach aus dem Bauch heraus.“

Dachte ich mir´s doch. Er fährt fort: „Mit uns begannen geniale Bands wie beispielsweise Emperor oder auch Enslaved, die ich auch heute noch sehr verehre. Aber irgendwie ist die Luft bei dieser Stilistik raus. Jede Band verändert sich durch den natürlichen Grad an Reife. Das hatten wir auch für uns beansprucht. Wir wollen keine alten Fans damit vergraulen, sondern allen etwas wirklich neues von uns bieten. Vielleicht etwas ungewohnt und schwieriger zu konsumieren, aber dafür ist es unsere ehrliche Musik, hinter der wir alle voll stehen. Wir werden sehen, ob uns die alten und bisherigen Anhänger die Treue halten und welche neuen Fans wir auf unsere Seite ziehen können.“

Die ersten drei Veröffentlichungen wurden als eine Trilogie von Flüchen unters metallische Volk geschleudert. Auch beinhalten die ersten Werke der Band sehr mystische und auch antichristliche Lyrics. Auf dem Vorgänger „Adimiron Black“ deutete sich erstmals eine Hinwendung zu einer deutlich aggressiveren Variante des Gehenna-Outputs an, was auf „Murder“ seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat.

„Die grundlegende Botschaft der Band Gehenna ist aber immer noch die selbe!“, wirft Sanrabb ohne Zögern ein, „wir hassen die Gesellschaft und ihre verfallenen Werte und sagen mit unseren Songs, was wir von ihr halten.“

Ist die Formation, die mittlerweile schon beim dritten Label unter Vertrag steht, denn mit Moonfog Productions, ihrem aktuellen Stammhaus zufrieden?

„Unser Debüt `First Spell` kam bei Head Not Found heraus, doch dann hinderte uns die relativ kleine Größe des Labels an weitreichender Bekanntheit und wir entschieden uns, zu den Engländern Cacophounus, bei denen auch Cradle Of Filth zu Weltruhm gelangten, zu wechseln. Doch denen waren Cradle dann immer wichtiger als wir, was uns dann in die Arme von Moonfog trieb. Bisher haben wir die Wahl in keinster Weise bereut. Sie arbeiten sehr professionell, bemühen sich sehr um uns und die neue Veröffentlichung und sie schalten viele Anzeigen und Interviews. Also kein Grund mit unserer Entscheidung zu hadern.“

Moonfog ist das Label von Satyricon Boß Satyr. Deren letzter Release brachte in etwa die gleiche Modifizierung des Stils wie bei Gehenna hervor. Sieht Sanrabb Parallelen?

„Ja, mir gefällt der letzte Paukenschlag von Satyr sogar am besten von allen Satyricon-Scheiben. Ich finde die früheren Releases beileibe nicht schlecht, aber auf `Rebel Extravaganza` klingen sie für mich doch am ursprünglichsten und am besten. Viele Fans waren beim damaligen Erscheinen der CD verunsichert, doch ich kann hinsichtlich `Rebel Extravaganza` nur auf die von mir eingangs gemachte Begründung zu unserem Vorgehen verweisen.“

© Markus Eck, 20.11.2000

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