Interview: | INSOMNIUM |
Titel: | Von gramvoller Trauer |
Ihr aktuelles fünftes Album erhielt den stark symbolisch anmutenden Titel „One For Sorrow“, und ganz genau so klingen die enthaltenen Kompositionen auch. Überhaupt erscheinen einem als zugeneigtem Hörer die finnischen Melodic Death Metaller Insomnium mächtig von der Muse geküsst worden zu sein, als sie die Arbeit für dieses musikalisch und lyrisch sehr vielfältig dokumentierte Schmerzmanifest angingen.
Glücklicherweise nahmen sich echte Kompetenzen den neuen Stücken an: Denn aufgenommen wurde besagter effizienter Tränendrüsen-Stimulator von Reglerdreher Daniel Antonsson im schwedischen Göteborg, welchen gut informierte Genre-Insider auch als Saitenkönner von den Bands Dark Tranquillity und Dimension Zero her kennen. Und Antonsson leistete ganze Arbeit, welche schließlich im finnischen Tempere auch noch durch das superbe Mixing von Samu Oittisen in den dortigen Fantom Studios weiter veredelt wurde.
Dermaßen klangstark also in der Anmut, kann „One For Sorrow“ seine manisch martialischen Reize und seinen herrlich düster melodisierten Hypnose-Zauber auch schnell entfachen.
„Auch wenn einige Leute immer wieder meinen, wir hätten unseren einzigen und finalen musikalischen Stil ja schon bereits mit dem ersten Album gefunden‘, so sind wir in diesem Punkt doch entschieden ganz anderer Ansicht. Denn tatsächlich bringen wir als Band doch für jede neue Veröffentlichung von uns immer wieder neue Einflüsse und betont frische Nuancen in unseren Sound mit ein“, konstatiert Insomnium-Sänger, -Tieftöner und -Gründungsmitglied Niilo Sevänen eingangs merklich entschlossen.
Dies tut der liebenswerte Skandinavier jedoch nicht, ohne eine gewisse feinsinnig geprägte Bescheidenheit zu unterschlagen.
Und wie das weitere sehr angenehm verlaufende Gespräch mit dem singenden Bassisten zutage bringt, so fanden diesmal beispielsweise gezielt viel mehr klare Vokallinien ihren stimmlichen Weg auf „One For Sorrow“. So verlässt es seinen Mund:
„Was anfänglich doch eher als ein Experiment gedacht war, sollte sich als so dermaßen gut passend erweisen, dass wir uns entschlossen, die klaren Gesänge zu einem festen Bestandteil unserer Musik werden zu lassen. Vor allem das letzte Album ,Across The Dark‘ aus dem Jahr 2009 zeigte uns diesbezüglich wirklich sehr gut auf, wie interessant und spannend es sich gestalten kann, solcherlei klare Gesangs-Passagen in spezielle Musik wie die unsere einzubringen. So wurde ich auch besser darin, dies mit einzubinden und emotional sehr effizient wirken zu lassen. Ich gebe es zu: Ich hatte wirklich viel dazu zu lernen auf diesem Sektor. Aber es hat sich vollauf gelohnt, da dranzubleiben und offen für Neues zu sein. Auf ,One For Sorrow‘ habe ich als Sänger in diesem spezifischen Phrasierungs-Punkt auch die meiner Meinung nach beste Leistung abgeliefert, was mich immer wieder sehr mit Zufriedenheit erfüllen kann. Die Möglichkeiten, bestimmte Gefühle über die Stimme zu transformieren und authentisch zu vermitteln, sind mit klarem Gesang ungleich höher und besser, als dies mit Schreiben oder Grollen möglich ist. Vor allem macht es mich auch regelrecht glücklich, dass ich es selbst so gut geschafft habe, ohne Gastsänger etc. Daher sind klare Vokallinien nun bei Insomnium eben auch künftig nicht mehr wegzudenken.“
Überhaupt, so der stark idealistisch gesinnte Frontmann, braucht seine Band nach wir vor keinerlei musikalische Unterstützung von außen, das steht für ihn ganz eindeutig fest. Niilo mit Stolz in der Stimmfärbung:
„Wir haben bislang immer alles ganz alleine geschafft, auch wenn es hin und wieder sogar anfangs als gar nicht möglich erschien. Wir sind eine Band, die felsenfest an sich und an ihre vorhandenen Fähigkeiten glaubt. Das macht uns als Künstlergemeinschaft auch dauerhaft stark und vor allem anhaltend kreativ und inspiriert.“
Exakt so soll es auch sein. Der aktuelle Albumtitel „One For Sorrow“ ist laut weiterem Statement des so lernfähigen Zungenartisten von einem sehr alten britischen Kinderlied aus dem frühen 16. Jahrhundert adaptiert.
Mehr noch: Und auch die Texte der Songs scheinen in solch‘ düsterem lyrischen Licht.
Das klingt doch sehr interessant und wir erfahren auch noch weiter:
„In diesem Kinderlied geht es um Elstern. Also um diese Vögel, die ja schon immer für Schlechtes, für Miseren und allerlei Unglück standen. Und, einem uralten Aberglauben entsprechend, entscheidet die Anzahl der Elstern, die ein Kind in einer solchen Situation erblickt, ob es Glück oder Pech in seinem weiteren Leben haben wird. In dem traditionellen Originallied befinden sich zehn verschiedene Szenerien, und so sind auch entsprechend zehn Songs und darin besungene Stories auf unserem neuen Album zu finden. Ich denke, ,One For Sorrow‘ umschreibt das Ganze in thematischer Weise auch ziemlich erschöpfend: Es geht auf der aktuellen Scheibe nämlich einzig um die inneren Schmerzen im Menschen, welche ihm durch Trauer, Gram und Verlust entstehen.“
© Markus Eck, 26.09.2011
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