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Interview: MAINPOINT
Titel: Zwischen Himmel und Erde

Mit dem Debüt „Heaven / Earth“ manifestiert das Rostocker Quintett Mainpoint ein immenses Potential. Welches, wie der griffige Bandname schon ahnen läßt, die Qualitäten dieser hörenswerten Gothic Metal-Truppe auch auf den Punkt zu bringen weiß.

Wo andere Kapellen sich also in verschachtelten und schwierigen Songstrukturen verlieren, um krankhaft musikalischen Anspruch und geheuchelte Progressivität vorzutäuschen, wissen Mainpoint um die enorme Relevanz von eingängigem Songmaterial. Was betreffend des von den fünf Dunkelseelen in die Pflicht genommenen Genres um so wichtiger erscheint.

Type O Negatives dominiert in allen Stücken, doch lassen Mainpoint ihre ganz eigene und individuelle Ader auch ständig durchschimmern. Dies befreit die sympathische Band sehr effektiv von der eventuellen Bezichtigung des Plagiats. Im Sommer 1999 produzierte die versierte Fünferbande das jetzt vorliegende Full-length-Debüt „Heaven / Earth“. Auf diesem finden Fans der angesprochenen Musikrichtung alles, was ihr schwarzes Herz begehrt.

Basser und Microbeißer Axel liebt wie der Rest der Band seine Heimat: „Wir sind alle aus Rostock. Ein wirklich netter Fleck Erde: Das Meer liegt vor der Haustür, der Fußball der Stadt ist erstklassig, viele sehr gemütliche Kneipen im Zentrum und der KTV, also der Kröpeliner Tor Vorstadt, der größte Live-Club der Stadt, liegt auch hier und wenn man eine Szene in Rostock sucht wird man sie hier finden.“

Mit diesen Worten hat er bei mir schon gepunktet. Kein abgehobenes Gelaber, sondern ehrliche Bodenständigkeit. Und weiter geht es:

„Wir haben 1996 angefangen, zusammen Musik zu machen, damals noch zu dritt. Erst eineinhalb Jahre später haben wir uns dann mit einer zweiten Gitarre und den Keyboards verstärkt. Für uns muß Musik in erster Linie rocken, ob schnell oder langsam spielt dabei erst mal keine Rolle. Kannst du die Augen zu machen und dich in der Musik fallen lassen, dann genießt du. Und genau das ist es, was wir wollen. Die Rezepturen für ein neues Stück neu zu mischen, das ist immer wieder spannend und wir haben Spaß daran.“

Erneut kann ich nur beistimmen. Was ist denn das Hauptthema auf dem neuen Album?

„Der Name des Albums ist schon Programm. Er ist ein Oberbegriff für alle Stücke und hält sie damit auch zusammen. Die Gratwanderung zwischen Himmel und Erde erlebt doch jeder auf seine Weise im täglichen Leben. Wir haben viel von dem was wir erlebt haben auf diese Scheibe gezimmert. Da gehört vieles Schöne dazu, aber natürlich auch viel Scheiße.“

Gibt es ein spezielles Konzept? „Also, wenn wir mit einem Konzept alle unsere Songs kreieren würden, wäre das ziemlich eintönig und auch für uns auf Dauer langweilig. Abwechslungsreich zu sein, war schon immer unser Ding. Jedes Stück muss doch als erstes auf uns wirken und uns gefallen. Den Anspruch haben wir. Musikalisch und textlich leben und verarbeiten wir unsere persönlichen Erfahrungen, Ansichten und Träume. Das fällt bei uns natürlich immer eine Ecke dunkler aus. Ist so eine Art, der Realität ins Auge zu sehen. `Under The Cross` ist beispielsweise ein Stück über den ganzen Lug und Trug, der um uns herum passiert und den man nicht einfach hinnehmen oder an ihn glauben sollte. Denn unter jedem Kreuz ist ein Schatten und auch ein tiefes Loch. [Und dort ist auch der größte bisherige Bluff der Menschheit zu finden; A.d.A.] In `Again` geht es um die Sehnsucht und die Suche nach einem `zu Hause`, `The Faithless Power Of Jesus Christ` behandelt einen Traum. Die Zeilen sind sofort nach dem Erwachen niedergeschrieben worden. `Heaven And Earth` ist die Auseinandersetzung mit einem Selbstmordversuch und das Gefühl der Hilflosigkeit, ihm gegenüberzustehen. Der pure Hass-Song auf der Scheibe ist textlich `Misanthropy`: Verkörpert durch einen Teufel in Menschengestalt geht es um die üble Lust am Unterdrücken, die böse Lust am Töten.“

Waren die Demos erfolgreich? „Wir können nicht klagen: Unsere beiden Demos `Zungenfleisch` und das Live-Demo `Our Live Pink Image` sind ausverkauft. Wir haben damals ein paar hundert Stück auf unseren Konzerten und im Freundeskreis verkauft. Das hat uns natürlich bestärkt auch mal eine CD aufzunehmen. So kam es, daß wir Ende 1997 in Eigenproduktion die Sechs-Track-EP `Lost Senses` veröffentlicht haben. Wir hatten keinen Vertrieb, aber 1.000 CDs sind weg. Das ist unser persönlicher Erfolg. Da wir oft und gern in Sachsen, Thüringen und im Berliner Raum unterwegs sind, sind unsere Fans sicherlich hauptsächlich dort zu finden. Aber auch in Rostock und Lübeck beispielsweise ist immer die Hütte voll, was uns natürlich freut. An dieser Stelle Gruß und Dank an alle dort: Macht weiter so, ihr seid die Guten!“

Was war der Anlaß, die Band zu gründen? „Der eigentliche Anlaß war der Drang, Musik zu machen und unsere Gefühle in dieser Form auszudrücken. Wir haben nie versucht irgend jemandem nachzueifern oder ihn sogar zu kopieren. Man wird natürlich von seinem Umfeld musikalisch beeinflusst, das ist klar, aber was wir daraus gemacht haben ist das Produkt der ganzen Band. Melancholie ist unser Grundtenor, denn wir stehen mit beiden Beinen im Leben und wissen, wie selten Glücksmomente auftreten. Wir sagen zu unserer Musik `Goth’n`Roll`. Das trifft es sicher auch gut und man kann es irgendwie nicht einordnen. So eine Art `Seelenmusik`. Unser Anliegen ist es, `Szenen`-übergreifend zu wirken. Bei uns wird Musik noch handgemacht. Da kommt nichts aus dem PC. Auf der Scheibe sind die üblichen Instrumente wie Drums, Bass, zwei Gitarren - zum Teil auch doppelt eingespielt, das Keyboard und Gesang zu hören. Außerdem sind noch ein paar Gastauftritte zu hören, darunter Frauengesang, eine Eisenstange und diverser Perkussions-Kram. Das Songwriting ist immer unterschiedlich. Manche Arrangements zum fertigen Song ziehen sich über Wochen hin, wie beispielsweise für den Track `Contaminated`. Andere Arrangements sind wiederum in ein bis zwei Stunden entstanden wie beispielsweise für das Stück `Heaven And Earth`. Natürlich kann sich eine Komposition im Studio auch noch mal verändern. Aufgenommen haben wir im D-Sound Productions Studio in Güstrow. `Again` ist eine Idee von Karsten, `Heaven And Earth`, `The Faithless Power...` und `Times` sind von Martin und Stephen. Doch eigentlich ist es die gesamte Band, die ihre Ideen einbringt. Inspirationen entstehen wie schon gesagt durch unsere täglichen Einflüsse, durch die Musik, die konsumiert wird etc.“

Habt die Band lange an der Produktion gefeilt? „Ich denke schon, da die Stücke sehr filigran und durchdacht, aber auch perfekt ausgearbeitet scheinen. Die Arbeit an der Scheibe erstreckte sich über ein halbes Jahr im Studio, natürlich mit Unterbrechung. Die Stücke wurden noch verändert, einiges ist neu dazugekommen, selbst die Texte wurden noch verändert. Wir haben uns aber bewusst Zeit genommen.“

Live-Gigs: „Die meisten Konzerte spielten wir bisher im Norden und Osten der Republik. Egal ob nun Club-Gigs, Open-Air Festivals oder Biker-Treffen. Ach so: In Frankreich waren wir auch schon, in Dünkirchen am Kanal. War ziemlich gut. Aber ansonsten gestaltet sich das Organisieren von Konzerten äußerst schwierig, da wir kein Management haben, wir sind ja noch auf der Suche danach. Die Reaktionen auf uns waren beziehungsweise sind überwiegend positiv. Sicher gab es auch mal Flauten im Publikum; das ist zwar nicht die Regel, aber auch das gehört dazu.“

Wie wird es weitergehen? „Geplant ist so schnell wie möglich einen Nachfolger einzuspielen, da die Scheibe eigentlich schon über ein Jahr fertig ist. Sie ist jetzt erst über das Label und dann durch SPV in den Vertrieb gegangen. Ansonsten: Konzerte, Konzerte, Konzerte. Live aufzutreten ist uns sehr wichtig. Wir werden uns überraschen lassen, wohin wir dazu noch fahren werden. Ideen sind ja schon da, aber dazu zu einem späteren Zeitpunkt gerne mehr.“

© Markus Eck, 02.09.2001

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