Interview: | MENHIR |
Titel: | Heidnische Hingabe |
Jedes Musikgenre benötigt tapfere Vorreiter und mutige Visionäre als ergiebigen Nährboden. Und im Bereich des episch-heroischen Pagan Metal sind zweifellos Menhir mit ihrer ungeheuren Intensität zu nennen.
Ja, diese bekennenden ostdeutschen Historienliebhaber zelebrieren ihre hymnischen Großklänge mit einer solchen gigantischen künstlerischen Aufopferung, dass es den Zuhörern einzigartig erscheint.
Die erhebende stilistische Anmut der absoluten Ausnahmegruppe, bestehend aus beinahe heilig anmutendem Ernst und ansteckend ekstatischem Hingabegefühl, archaisiert die Sinne – denn Menhir blenden alle Eitelkeiten aus. Dass ihr 2007er Götteralbum „Hildebrandslied“ ein derart anhaltender Riesenerfolg wurde, kam vor einiger Zeit bekanntlich auch dem Menhir-Demo „Barditus“ zugute.
Da beide Veröffentlichungen als Originale mittlerweile vergriffen sind, brachte Trollzorn sie als feinen Doppel-Silberling auf den Markt. In unveränderter Besetzung am hochästhetischen Heidenwerk, feilen die Beteiligten derzeit ebenso emsig wie gewohnt beflissen an neuem Pagan Metal-Liedgut. Und das kann im Falle Menhir zweifellos nur Allerbestes bedeuten.
So hebe ich also erneut mit Bassist Fritze gut gefüllte Humpen in die nächtliche Höhe, um unseren Gesprächsverlauf mit feuchten Kehlen schön flüssig zu halten.
„Zuerst mal können wir voller Stolz berichten, das bei unserem „Frühmittelalterlichen Königshof“ – auch Gervina e.V. genannt – das erste Grubenhaus errichtet ist! Zahlreiche andere Projekte kamen und gingen und im Großen und Ganzen kann man sagen, dass wir nicht untätig herumgesessen haben. Außerdem haben wir ein neues Menhir-Video bei YouTube veröffentlicht, was in einer überarbeiteten Version dann auch bei Trollzorn erhältlich sein wird“, berichtet mir der bärtige Tieftöner ebenso gut gestimmt wie seine hölzerne Griffbrettbraut.
Man las in der „Fachpresse“ von einem Besetzungswechsel am Keyboard bei Menhir – was Fritze jedoch sogleich heftig dementiert:
„Definitiv haben wir unseren Keyboarder Christian noch! Keine Ahnung wo dieses Gerücht schon wieder herkam!? Auch alle anderen sind nach wie vor bei Menhir!“
Ich haue den Kerl anschließend auf neue Kompositionen an. Und er weiß dazu zu erzählen:
„Wir sind gerade noch immer dabei, viele unserer Ideen in neue Songs umzuwandeln, wobei die wenige Zeit bei uns – wie immer – einen großen Faktor darstellt. Denn wir haben ja allesamt eine reguläre Arbeitsstelle und wohnen zudem in Preußen und Thüringen verteilt, was das Proben durch die immense Entfernung und den hohen Zeitaufwand recht schwierig macht. Wenn bei allen die Zeit für eine Probe vorhanden ist, treffen wir uns aber in Thüringen (Schmalkalden) in unseren Proberaum, nehmen uns ein Bier und spielen was das Zeug hält.“
Wann das nächste Menhir-Album nun also rauskommt, hängt laut Fritze primär davon ab, wie schnell sie ihre Kompositionen fertig haben. „Und vor allen Dingen davon, wie schnell wir im Studio sind. Ich kann dazu also noch nichts Genaueres sagen.“
Und Menhir, linientreu wie immer, werden ihren lyrischen Pfad keineswegs verlassen, so der Bassist in aufrechter Haltung. Wir erfahren: „Wir werden also wieder geschichtliche Themen des frühen Mittelalters oder der römischen Kaiserzeit in den Liedertexten haben beziehungsweise werden wir erneut mythologische Götterwelten und Sagen behandeln. Aber auch zwischenmenschliche Themen der Neuzeit werden in den Kompositionen zu finden sein.“
Ich frage nachfolgend gezielt nach, ob mein Gegenüber der Meinung ist, dass seine Gruppe die zeitlose hohe Qualität von „Hildebrandslied“ überhaupt noch übertreffen kann.
Oder ob Menhir das überhaupt nicht beabsichtigen, sondern dafür lieber stets individuell und authentisch bleiben wollen.
Gevatter Fritze kontert daraufhin mit zackiger Antwort. Er reißt die Augenbrauen hoch:
„Mensch, darüber haben wir uns noch gar keine Gedanken gemacht! Ich gehe mal davon aus, das sich jeder von uns immer so individuell und authentisch gibt als möglich, sodass es das nächste Album letztlich automatisch auch wird! Ob das kommende Album am Ende die Qualität von „Hildebrandslied“ übertrifft oder nicht, weiß ich nicht. Wir werden sehen.“
Ihre künstlerischen Ziele für das kommende Klangspektakel haben sich diese Wackeren laut Aussage von Fritze auf jeden Fall wie immer so hoch als möglich gesteckt.
„Ich meine, welche Band gibt ein Album raus ohne selbst davon überzeugt zu sein? Gehe also davon aus, dass wir uns wieder die größte Mühe geben.“
Wie ebenfalls noch von dem Tieftöner in Erfahrung zu bringen ist, haben weitgehend sämtliche Mitmusiker Einfluss auf den Werdegang der neuen Kompositionen.
„Sicher, wir versuchen es zumindest. Der Großteil der Arbeit liegt aber bei Heiko und Fix, die ja als musikalisches Duo auch kaum zu übertreffen sind.“
Und dadurch, dass die Bandmitglieder auch privat alle sehr gut miteinander befreundet sind, läuft die Kooperation in der Gruppe sehr gut. „Jeder hat seine Aufgaben, die erledigt werden müssen, diese werden gewissenhaft erledigt und alles ist gut. Das eine oder andere Streitgespräch gibt es natürlich, aber wenn das überstanden ist, festigt das die Freundschaft umso mehr.“
Band als auch Musik und Live-Auftritte wurden von den Menhir-Anhängern 2008 und 2009 sehr gut aufgenommen, freut sich Fritze. Er spricht:
„Die Leute kannten wieder sämtliche Textzeilen auswendig und wir hatten bei fast allen Konzerten somit einen perfekten Chor auf beziehungsweise vor der Bühne. Darüber freut man sich natürlich sehr und das gibt gleich 100 % mehr Spaß bei einem Gig!“
Ich bin in diesem Zusammenhang neugierig, in welchem Teil der Erde diese melodienfreudige Heidenhorde ihren wohl bislang erfolgreichsten Auftritt gespielt hat. Fritze resümiert mit leuchtenden Augen:
„Ich glaube es war der letzte Gig auf der Skyforger-Tour in der Bitterfelder Festung. Die Leute sind dort wirklich abgegangen wie eine Rakete und waren zu Massen in der Festung!“
Wir gehen angeregt zum Thema „Fanpost“ über, beziehungsweise, von woher Menhir wohl mittlerweile die meisten Nachrichten ihrer Anhänger erhalten.
„Auffallend viel kommt von Lateinamerika und natürlich von ganz Europa. Aber von „Fanpost“ kann man mittlerweile ja nur noch als Emails sprechen, die dann auf unsrer „Ziuwari“-Internetseite landet. Geht ja auch am einfachsten und am billigsten.“
Menhir sind neben gehaltvoller Musik auch als große Naturverehrer bekannt geworden.
Ich erkundige mich bei Fritze, ob er diesen Sommer 2009 die nötige Zeit und Muse fand, um die alten Wald- und Wiesengeister draußen in den grünen Zufluchtsorten zu preisen. Der Bassist hierzu:
„Diesen Sommer hatte ich wegen der Kurzarbeit mehr Zeit dazu als in den vergangenen Jahren. Rund um Cottbus findet der Naturliebhaber bei uns ja auch das „dementsprechende Angebot“: Die vielen Wälder, die Flüsse, der Spreewald usw. Man braucht sich bloß sein Fahrrad zu nehmen und schon ist man in der schönsten Natur.“
So kann das Jahr 2010 nun also getrost für ihn kommen. Fritze freut sich zudem, wie er vor mir abschließend noch mit hoffnungsvoller Miene bekundet, schon riesig auf gutes Gelingen der Mühen der Band für eingangs erwähnten historiengerechten Thüringer Königshof.
© Markus Eck, 20.11.2009
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