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Interview: MOONSORROW
Titel: Endzeitvisionen

Eine halbe heidnische Ewigkeit schien es gedauert zu haben, bis diese fünf finnischen Vollmondseelen ihre neue Liederkollektion „Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ endlich im schweren Kasten hatten.

Übersetzt bedeutet dieser zungenbrecherische Albumtitel „As Shadows We Walk In The Land Of The Dead“, und ganz genau so hört sich das Ganze auch an. Gespenstisch, tiefdüster, kalt und hochmystisch noch dazu. Das nordische Viking Metal-Quintett um Vokalist und Tieftöner Ville Sorvali blieb hierfür nicht nur dem beliebten und bewährten Stil treu, sondern erstellte auch wieder einige Epikerlieder mit Überlänge.

Doch für die skandinavischen Spannungsspezialisten Moonsorrow samt ihrer bekanntlich ausgeprägten Neigung für Folklorebeiwerk stellt es glücklicherweise noch immer überhaupt keine Schwierigkeit dar, selbst eine 30-minütige Komposition wie beispielsweise „Hävitetty“ trotz aller Vielschichtigkeit durchgehend attraktiv und interessant zu gestalten.

Nicht minder interessant gestaltet sich auch das aktuelle Interviewgespräch mit Gitarrist Mitja Harvilahti.

„Ich hoffe, dass unsere Musik auch auf dem neuen Werk einzigartig ist. Vieles in unseren Klängen und auch der musikalische Geist an sich, der in unseren Stücken lebt, kommt von meinem Gitarrenkollegen und Keyboarder Henri Sorvali. Er ist sicherlich ein großartiger Komponist mit einem ganz eigenen Sound. Nach all den Jahren epischen Musizierens haben wir alle uns natürlich aber auch entsprechend weiterentwickelt, das steht fest. Die Lieder unserer letzten zwei Veröffentlichungen hätten wir vor zehn Jahren eindeutig so noch nicht hinbekommen, der Entwicklungsprozess hat uns letztlich zur heutigen Form geführt“, lässt Mitja zu Beginn in aller Gelassenheit verlauten.

Viele Hörer stellen sich auch bei den neuen ausladenden Tracks der Finnen bestimmt wieder einmal die gleichfalls rauen und naturromantischen Waldmänner vor. Wunschvorstellungen, denen Moonsorrow jedoch nicht entsprechen, so der Saitenschrubber im Anschluss.

„Ich beispielsweise bin eigentlich ein großer Naturliebhaber, doch wir alle in der Band haben primär sehr urbane Lebensstile. Der Großteil von uns hat zudem täglich einer festen Arbeitsstelle nachzugehen. Ich selbst arbeite beispielsweise als Kameramann für die nationale Fernseh- und Radiogesellschaft, dort erledige ich sämtliche Aufträge, vom TV-Drama bis hin zu den News. Nebenbei bin ich als freier Fotograf und Video-Editor tätig. Ich finde ehrlich gesagt auch gar nichts Reizvolles daran, von der Musik zu leben. Denn mein hauptsächliches Ziel und mein allergrößter Traum waren seit jeher, überhaupt in der Band zu sein und mein Bestes dafür geben zu können. Touren und spielen mit meinen Bandkollegen ist also genau das, was ich am allerliebsten tue. Würde mein tägliches Brot allein davon abhängen, würde das sehr großen Druck in mir aufbauen, und das will ich eben nicht.“

Diverse Stücke auf „Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ weisen Überlänge auf, während andere recht kurz dauern und die Musik von Moonsorrow überhaupt recht progressiv geworden ist.

Der Gitarrist bezieht Stellung dazu:

„Ich bin der Ansicht, dass es gut war, das Ganze über die Jahre Stück für Stück beziehungsweise Stufe für Stufe zu dem zu entwickeln, was es heute ist. Resümierend sind wir allesamt der Meinung, dass wir als Band eine nur logische Entwicklung durchgemacht haben. Ohnehin haben wir für jedes Album bislang neue Sachen ausprobiert, so kamen stets neue Elemente zu unserem Sound hinzu. Und dass das Ganze so dermaßen progressiv und komplex geworden ist, war beileibe nicht gezielt beabsichtigt, es hat sich eben ganz einfach in diese Direktive entwickelt. Manches Mal geraten uns neue Kompositionen ganz unbewusst zu solchen Ausformungen.“

„Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“, so der Künstler im Weiteren, ist ein Konzeptalbum. Er präzisiert die Platte: „Wir hatten dazu im Sinn, ein betont filmisch anmutendes Werk zu machen. Alles an dem Album, musikalisch wie textlich und auch grafisch, ist jeweils als gewichtiger Teil dieses Konzeptes von uns gedacht. Es gibt Songs auf der Scheibe, die mehr aus Soundlandschaften als aus Music und Lyriken bestehen. Dazu haben wir im CD-Booklet spezielle Fotos eingebracht, welche den Inhalt besagter Lieder veranschaulichen sollen. In heutigen Zeiten, in denen viele Fans bevorzugt ihre Musik aus dem Netz laden, wollten wir den Käufern des Albums etwas Spezielles mitgeben, um ihnen unsere Anerkennung für ihre Einstellung zur Musik auf solcherlei Wege zuteil werden zu lassen.“

Was nun das erwähnte Konzept der neuesten Veröffentlichung von Moonsorrow anbelangt, so Mitja, so dreht sich das Ganze auf „Varjoina Kuljemme Kuolleiden Maassa“ um postapokalyptische Szenarien. Mehr dazu:

„Die enthaltene Story handelt von einer Handvoll an Leuten, welche das ‚Ende der Welt’ überlebt haben. Sie streunen über die zerstörte Landschaft herum und versuchen das Beste aus ihrer misslichen Situation zu machen. Sie können nicht verstehen, wie die Menschheit am Ende tatsächlich so irre sein konnte, um ihren eigenen Planeten beziehungsweise das Leben darauf größtenteils zu zerstören. Doch auch die Überlebenden selbst erweisen sich danach als nicht fähig, miteinander zu kooperieren für ein gute soziales Miteinander und so dreht sich der letzte Song des Album um die Gedanken, welche dem letzten lebenden Menschen auf der Erde durch den Kopf gehen.“

© Markus Eck, 26.01.2011

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