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Interview: SUNSETH SPHERE
Titel: Hinreißend inszenierte Tagträumerei

Aus Ungarn stammt diese in der Szene noch recht junge Band. Sunseth Sphere spielen bezaubernd anmutigen und entrückt wirkenden Gothic Metal, welcher auf wirklich enormem Gefühlsreichtum fußt.

Und selten wurde die sich bietende Palette des menschlichen Gefühlsreichtums in diesem Metier besser ausgeschöpft als hier. Die betont tiefsinnigen Songs des dieser Tage erschienenen Debüts „Storm Before Silence“ lassen die Hörer ständig zwischen authentischer Melancholie und grenzenloser Verlorenheit in den schwelgerischen Reichen der süßen Schwermut hin und her wandern.

Mittels vielfältig verarbeiteter musikalischer Einflüsse der verschiedensten Kulturen dieser Erde ist diesen talentierten Ungarn eine reizvolle Verquickung derselben mit bodenständigem Metal gelungen.

Und mit der Lead-Sängerin Kyrah haben die träumerischen Ungarn einen echten Glücksgriff getan. Ihr voluminöser Sopran repräsentiert die stärksten Elemente ausgeprägter weiblicher Sinnlichkeit. Ihre ergreifend einnehmende und prägnante Stimme strotzt vor individuellem Timbre und ist ein stilistischer Querverweis an zeitlose Künstlerinnen wie Kate Bush oder auch Enya.

Doch vokalisiert Kyrah das Ganze glücklicherweise auch kraftvoll und schwer genug, um den gewollt ästhetischen Kompositionen von Sunseth Sphere einen unverwechselbaren Stempel metallischer Ausrichtung aufzudrücken.

Schnell verliert man sich in den wunderbaren Klängen dieser Veröffentlichung, die einen mit geheimnisvollen spirituellen Kräften aus der Gegenwart zu entheben versteht.

Gitarrist Péter Márton sucht derzeit noch nach einem neuen Keyboarder, weil Sängerin Kyrah sich voll und ganz auf ihren Gesang konzentrieren möchte:

„Besonders bei Live-Gigs ist dies von enormer Wichtigkeit, denn ihre Art zu singen erfordert vollsten Einsatz und vollste Konzentration.“

Wer Kyrah auf dem Album hört, wird dies ohne Zögern bestätigen.

„Es wird jedoch nicht einfach werden, einen neuen Tastenmann beziehungsweise -Frau zu finden. Wir kennen uns alle schon seit sehr langer Zeit und verstehen uns einfach blendend“, ergänzt Péter.

„Deswegen sollte das neue Bandmitglied dann auch zu gleichen Teilen sowohl musikalisch als auch menschlich zu uns passen und uns auch ergänzen. Unsere Musik ist ja nun nicht gerade alltäglich, worauf wir besonders viel Wert legen. Also sollte die neue Besetzung an den Keys auch ein ganz besonderer Mensch sein, der auch voll und ganz hinter der konzeptionellen Ausrichtung von Sunseth Sphere steht. Und sie sollte mit unserem landestypischen Humor klarkommen.“

Humor? Hierbei? Eigentlich wollte ich mich gerade nach dem Sinn beziehungsweise der Bedeutung des offensichtlich zweideutigen Bandnamens erkundigen, aber dank dieses dazu passenden Stichwortes erfahren wir nun gleich mehr über beide Thematiken:

„`Sunseth Sphere` ist ein Wortspiel. Eines, wie es wir Ungarn lieben. Dies ist weltweit bekannt geworden. Unsere Sprache bietet sich ja geradezu an dafür. So sind diese Wortspiele auch ein gewichtiger Teil des ungarischen Humors geworden. `Sunseth Sphere` setzt sich zusammen aus `Sun`, ein Symbol für das Leben und dann haben wir noch den Namen `Seth` angehängt, den der Gott der Unterwelt in der alten ägyptischen Mythologie trug. Das normale englische Wort `Sunset` hingegen versinnbildlicht das unabänderliche Ende eines Tages, und doch ist so ein Sonnenuntergang voller prächtiger Farben, welche den Betrachter betören. Das zweite Wort `Sphere` steht für das Universum, in dem grenzenlose Freiheit herrscht. Doch wenn man unseren Bandnamen als `Sunset‘s Fear` ausspricht, hat man schon wieder eine ganz neue Interpretation vor sich.“

Ebenso viel Zeit wie für das Kreieren des Bandnamens hat sich die Band hörbar auch für ihre Kompositionen gelassen, die mit einer geradezu immensen Detailverliebtheit umgesetzt worden sind:

„`Storm Before Silence` ist allerdings schon wieder ein Wortspiel“, bemerkt Péter, „mit dem wir einer abgedroschenen Phrase entgegentreten wollten. So vertauschten wir einfach die Wörter, um zum Nachdenken anzuregen. Wer also schon einmal von einem lauten Konzert nach Hause gekommen ist und die nachfolgende Ruhe genossen hat, weiß sofort, was wir damit ausdrücken wollen.“

Auch wollen Sunseth Sphere mit ihrem Albumtitel die Notwendigkeit der Ausgewogenheit dieser stark gegensätzlichen Stimmungen ausdrücken, wie ich erfahre. „Wenn man nur Ruhe um sich hat, wird man mit der Zeit wahnsinnig, durchlebt man dagegen ständig Lärm und Aufregung, ergeht es einem nicht viel anders.“

Die Produktion des Albums ist sehr interessant ausgefallen.

Das Klangbild ist nämlich betont dezent geworden, dennoch unterschlägt es nicht die stellenweise niederdrückende Schwere der Musik des Quartetts aus Varpalota.

„Wir nahmen `Storm Before Silence` hier in Ungarn genau vor einem Jahr auf, nachdem wir ungefähr ein halbes Jahr für das Komponieren der Songs benötigt hatten. Da wir viele fertige Lieder in der Tasche hatten, konnten wir zu Beginn der Aufnahmen die besten auswählen. Wir verbrachten zehn Tage im Studio namens `PontMi`.“

Und durch den Plattenvertrag mit Hammerheart Records hatte die Band das Glück, die Kompositionen noch in den Niederlanden, im RS29 Studio abmischen und remastern zu lassen. Péter:

„Der dortige Toningenieur Stephen Van Haestregt ist ein echter Klangzauberer, dem wir sehr dankbar sind für seine Mühen und das in unseren Augen beziehungsweise Ohren großartige Resultat.“

© Markus Eck, 23.10.2001

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