Interview: | SUNTERRA |
Titel: | In aller Ruhe gereift |
Ihr aktuelles Studioalbum „Graceful Tunes“ reflektiert diese 1994 gegründete österreichische Nebelcombo als merklich gereifte musikalische Gothic Dark Metal-Gemeinschaft.
Schien der ziemlich erfolgreiche Albumvorgänger „Lost Time“ aus dem Jahr 2002 noch eine ganze klangliche Ecke dynamischer und auch energischer instrumentiert zu sein, so ist das neue Werk eine doch eher betont emotionale Bloßlegung geworden. Vollkommen erfüllt von primär träumerischen, aber auch gezielt erfassten nachdenklichen Momentaufnahmen seelischer Zustände der sechs neuzeitlich sehr bedachtsamen Urheber.
Für Tieftöner Chris Schoen ist Musik in erster Linie Rhythmus: „Er bestimmt unser Leben. Das fängt schon beim Herzschlag an.“ Der Bassist nannte mir verantwortliche Ursachen für die Neuerungen bei Sunterra.
„Alles geschah ganz unbewusst, um das gleich vorwegzunehmen. Wir probierten zu Beginn des Kompositionsprozesses für das Album an neuen Songs herum, wochenlang, jedoch ohne dass uns brauchbare Ergebnisse beschieden waren. Nach und nach kristallisierte sich dann auf ganz unverkrampfte Art und Weise die neue gemäßigte Richtung bei Sunterra heraus. Und da wir uns auf gar keinen Fall in irgendeiner Weise wiederholen wollten, gefielen uns unsere neuen Ergüsse mit jeder Probe besser und besser. Vor allem die vielen Blast Beat-Parts sollten der Vergangenheit angehören, sie wurden daher auch größtmöglich eliminiert. Die passten wirklich hervorragend zum letzten Album – aber das ist schließlich ja auch schon geschlagene drei Jahre her. Dennoch haben wir mit dem Titelsong `Graceful Tunes` sowie dem Lied `The Spirit Of Light` wieder zwei klassische Antreiber-Tracks mit tollen Riffs drauf.“
Chris blickt tiefer zurück: „Für `Lost Time` erhielten wir ziemlich gute Kritiken sowie auch eine Menge Post von Fans aus vielen Metal-Lagern, die Leute waren insgesamt schon sehr begeistert von der Scheibe. Den Hörern gefiel vor allem, dass diese Scheibe sehr melodisch ist, aber nicht wenige lobten auch die vielen treibenden Songstrukturen und die anmutigen Flötenlinien. Selbst der Gesang kam relativ gut an, was in diesem Genre ja beileibe nicht selbstverständlich ist. Eine rundum gelungene Sache.“
Zum großen Erfolg besagten Albums hat natürlich auch die enthaltene Falco-Coverversion „Out Of The Dark“ beigetragen, die, so Chris, auch live noch immer frenetisch von den Sunterra-Fans abgefeiert wird.
„Der Track wurde in vielen Clubs, nicht nur bei uns hier in Österreich, rauf und runter gespielt. Konzerte hätten es nach dem damaligen Release von `Lost Time´ aber schon ruhig noch mehr sein können. Wir spielten auch bei euch in Deutschland – je einmal in Berlin, in Regensburg und auf dem damaligen Protzen Open Air. Das jeweilig anwesende Publikum kannte unsere Stücke in der Regel schon in- und auswendig, die Leute gingen echt gut mit. Daneben spielten wir auch in Tschechien sowie in der Slowakei, sowie eine Menge an gelungenen Gigs in unserer Heimat.“
Böse Zungen könnten natürlich nun behaupten, der Cover-Track des am sechsten Februar 1998 durch einen Autounfall verstorbenen berühmten Wiener Exzentrikers Johann Hölzl alias Falco wurde nur deswegen von Sunterra neu aufgenommen, um damit massives Radio-Airplay und mehr Popularität zu erhalten.
Der Dehner der dicken Saiten kontert dazu jedoch überraschend zackig:
„Ich gebe zu, mir persönlich gefällt seine eigenwillige Musik ehrlich gesagt insgesamt eigentlich überhaupt nicht. Doch `Out Of The Dark`, und da sind wir uns in der Band auch heute noch alle komplett einig, ist eine absolut grenzgeniale Nummer. Hut ab, was Falco mit diesem Welthit musikalisch geleistet hat. Wir wollten ihm mit dem Coversong unsere Ehre und unseren Tribut zollen.“
Passt schon, immerhin war Falco damals 1985 im fernen Amerika mit „Amadeus“ der erste deutschsprachige Musiker, der ganze vier Wochen lang einen Nummer Eins-Hit in den dortigen Charts hatte. Der Bassist ergänzt in diesem Kontext gleich noch:
„Eigentlich wollten wir aktuell für das neue Album auch wieder mit einem Coversong an den Start gehen, nämlich mit ´The Show Must Go On´ von Queen. Doch unser Label riet uns tunlichst davon ab. Sie meinten, wir würden sonst nur noch an unseren Coversongs gemessen, was gar nicht gut für Sunterra wäre.“ Nachvollziehbar. Live spielen Sunterra den Queen-Track zumindest, wie sich Chris nachfolgend äußert.
Die den erwähnten Konzerten nachgefolgte Funkstille im Hause Sunterra bis zum aktuellen Langspieler basiert laut offenherziger Aussage meines angenehmen Gesprächspartners in erster Linie darauf, dass seine Band sich immer die nötige Zeit nimmt, um an neuen Songs zu feilen; selbst, wenn es auch noch so lange dauert.
„Das soll nun aber nicht heißen, dass wir alle faule Songwriter sind. Wir empfinden es sogar eher immer so, als ob uns die Zeit trotz aller künstlerischen Entspanntheit viel zu schnell unter den kreativen Händen verrinnt. Diese lockere Arbeitsweise garantierte uns seit jeher ein bestmögliches zwischenmenschliches Klima in Sunterra. Schließlich sind wir gerade dadurch noch immer in der gleichen Bandbesetzung wie zuvor zusammen und könnten uns auch gar nichts anderes vorstellen.“
Im Label-eigenen Linzer CCP Studio, wo „Graceful Tunes“ wie schon der Albumvorgänger von Claus Prellinger wieder aufgenommen und produziert wurde, blies anfangs für die Band ein ihres Empfindens nach strenger Wind.
„Da wir wie erwähnt ja die eher Gemächlicheren sind, hatten wir mit dem zielgenau terminierten Zeitplan von Claus die ersten Tage schon arg zu beißen. Es war deutlich spürbar sehr viel Druck dahinter; den wir am Abend aber glücklicher Weise immer mit einigen Bieren hinunterspülen konnten. Doch im Endeffekt sind wir Claus wieder mal dankbar, denn seine hartnäckige Art und Weise verhalf uns zu sehr effizienten und produktiven musikalischen Ergebnissen. Insgesamt hatte sich die Arbeitsweise also vollauf gelohnt, denn vom tollen Sound-Endergebnis waren wir dann schlichtweg umgeblasen.“
© Markus Eck, 22.04.2005
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