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Interview: XANDRIA
Titel: Regenerierte Freude

Mit ihrem siebten Album „Theater Of Dimensions“ wagten sich die beliebten Symphonic Metaller nicht nur rein auf musikalischem Terrain noch weiter vor.

Die Anhänger der feingeistigen Nordrhein-Westfalen belohnten dies mit breitem Zuspruch und verdientem Erfolg. Nichts schien die Band bei ihrem weiteren Aufstieg noch aufhalten zu können, bis die niederländische Sängerin Dianne van Giersbergen dann im Herbst urplötzlich in dramatischer Weise ihr Ausscheiden verkündete und damit auf weiter Ebene eine Fülle an Diskussionen etc. lostrat. Doch die Kämpfernaturen Xandria denken gar nicht daran, das Handtuch zu werfen, wie Bassist Steven Wussow klarstellt.

2017 wird für ihn mal wieder als eines dieser Jahre ausklingen, in denen Licht und Schatten Hand in Hand gingen, so sagt er.

„Es gab viele Highs aber auch dementsprechend viele Lows, die in diesem Jahr schon ziemlich garstig ausfielen. Aber was soll’s, auch wenn wir einiges an Federn lassen mussten … wir leben noch und das neue Jahr, das nächste Kapitel, steht auch schon vor der Tür.“

Auf eine etwaige Umsetzung von Silvestervorsätzen nach dem letzten Jahreswechsel angesprochen, bricht der gute Mann erst mal in anhaltendes Lachen aus.

„Also ganz ehrlich … alleine die Tatsache, dass ich mich noch nicht einmal mehr daran erinnern kann, was genau ich mir vorgenommen hatte, und ich hatte, wie immer, jede Menge guter Vorsätze, so viel weiß ich noch, spricht schon Bände! Ich werde für 2018 auf gute Vorsätze verzichten und einfach alles so machen wie bisher. Dann läuft das schon.“

Als seine allergrößte Herausforderung in 2017 erachtet Steven, den Glauben an das Gute im Menschen nicht zu verlieren.

„Und dies vor allem in den letzten Monaten. Es ist schier unfassbar, wie weit sich Menschen wegen Dingen, die sie weder betreffen noch etwas angehen, herablassen können. Jeder hat zu allem eine Meinung, sei sie noch so unqualifiziert. Unglaublich anstrengend!“

Die Frage, was er 2017 in künstlerischer Hinsicht am erfolgreichsten hinbekommen hat, beantwortet der Bassist ganz eindeutig:

„Unsere immer noch neue Platte ‚Theater Of Dimensions‘. Obwohl wir die Scheibe bereits im Jahr davor fertig gestellt hatten, wurde sie ja erst im Januar 2017 auf die Menschheit losgelassen. Ich bin immer noch unfassbar stolz auf das Ding und es macht tierisch Spaß die Songs live zu zocken. Ich bekomme immer noch jedes Mal ein ganz breites Grinsen im Gesicht, wenn wir Songs wie ‚Burn Me‘ oder ‚Murderers‘ spielen.“

Absolut im Reinen mit sich selbst äußert sich Steven hinsichtlich des Verlaufs der Dinge zum aktuellen Album „Theater Of Dimensions“. „Zufrieden bis glücklich bin ich darüber wie gut die Platte aufgenommen wurde. Klar wussten wir dass das Ding ziemlich OK geworden ist, aber ein derart positives Feedback … damit konnte echt niemand rechnen. Die höchsten Charterfolge weltweit und fast ausnahmslos positive und enthusiastische Kritiken. Das ist schon ein kleines Träumchen das hier wahr wurde. Kritisch … sehe ich daran eigentlich nicht wirklich was. Anyway, wir haben immer noch jede Menge Arbeit vor uns. Also auf irgendwelchen imaginären Lorbeeren ausruhen ist nicht!“

Als enthusiastischste und glücklichste Konzerte in 2017 erachtet der Tieftöner ganz klar diejenigen, welche Xandria momentan spielen, offenbart er. „Nach all dem Mist, den wir hinter uns haben, sind diese Shows für uns wie eine Erlösung. So, als hätte uns jemand die Ketten abgenommen und tonnenschwere Gewichte von den Schultern genommen. Ich sehe es wirklich als ein großes Geschenk an, endlich wieder auf der Straße zu sein und die Songs jeden Abend für die Fans spielen zu dürfen. Ich denke nicht nur mir geht es dabei so. Endlich ist die Leichtigkeit wieder zurück, der Spaß und dieses ganz spezielle Lebensgefühl das zum Touren gehört. Es fühlt sich wieder gut an.“

Zeit also, konkreter zu Positivem überzugehen.

Die Miene des Schrubbers der dicken Saiten beginnt schlagartig aufzuhellen.

„2017 hat mich jeder kleine Funken Menschlichkeit, der in dem ganzen Schlamassel durchschien, am meisten erfreut! Ich merke, ich klinge jetzt schon ganz negativ… dies bin ich eigentlich aber so ganz und gar nicht. Ich bin ja eigentlich doch ein echt fröhliches Kerlchen. [ lacht ] Hey“, wird er lauter, „schließlich ich darf nach all den Jahren immer noch mit meinen Kumpels durch die Weltgeschichte fahren und Menschen mit unserem Lärm glücklich machen. Aber, auf die Band bezogen, hat mich aber vielleicht doch unsere erste US Headliner Tour überraschen können. Keiner von uns hat dabei mit irgendetwas Nennenswertem gerechnet. Was soll man beim ersten Mal auch schon groß erwarten? Aber unsere Vorstellungen wurden bei weitem übertroffen! Die Shows waren super, die Fans bombig. Hätte so von uns sicher keiner gedacht. To be continued … wie man so schön sagt.“

2017 hat den Mann im Weltgeschehen allerdings auch so einiges sehr betrübt, wie er berichtet. „Die unfassbare Verrohung, Gedankenlosigkeit und Dummheit, die viele Leute ganz offen und ohne Scham zur Schau tragen. Die Verantwortungsflucht obwohl man zuvor doch zu allem eine ‚fundierte Meinung‘ hatte. Das ist ein Phänomen, welches sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Vom Politiker, der sich noch nicht einmal für seine Korruptheit schämt, bis zum Social Media Onlinetroll, der die wüstesten Beschimpfungen, Pseudothesen, Statements und Drohungen absondert, ohne sich auch nur im Geringsten für die Konsequenzen, die dieses ‚Gewäsch‘ für den Menschen (!) auf der anderen Seite des Bildschirms hat, zu interessieren. Die Menschlichkeit, Ehrlichkeit und der Anstand sind leider irgendwo zwischen Twitterfeed, Bilanzen, Instagramstory, Ego und Facebookpost verloren gegangen …“

Befragt, was ihn 2017 am meisten überrascht hat, runzelt der Bassist zunächst die Stirn.

„Ich glaube ohnehin, ich werde so langsam alt. So wirklich überrascht mich nämlich sowieso gar nichts mehr. Das ist dann eher mehr so ein ‚Ja, ist klar. Musste ja so kommen…‘-Gefühl, dass sich hin und wieder in mir einstellt. Aber auf die Band bezogen, hat mich aber vielleicht doch unsere erste US Headliner Tour überraschen können. Keiner von uns hat dabei mit irgendetwas Nennenswertem gerechnet. Was soll man beim ersten Mal auch schon groß erwarten? Aber unsere Vorstellungen wurden bei weitem übertroffen! Die Shows waren super, die Fans bombig. Hätte so von uns sicher keiner gedacht. To be continued … wie man so schön sagt.“

Zum Thema Sängerin von Xandria gibt es laut Steven eigentlich immer noch genauso wenig wie noch vor ein paar Monaten zu sagen. „Mittlerweile ist klar, wie wir zu der Geschichte stehen. Es ganz alleine ihre Entscheidung. Ich hoffe, dass Dianne wieder auf die Beine kommt und wünsche ihr alles Gute. Für uns geht’s nach einer kurzen Pause weiter. Wie, kann und werde ich hier noch nicht verraten. Klar haben wir schon einige Namen und Ideen im Kopf, aber konkret werden wir uns mit der Geschichte erst Anfang nächsten Jahres, sobald die Tour gelaufen ist, auseinander setzen. Dann werden Nägel mit Köpfen gemacht und sobald es etwas Definitives zu erzählen gibt werden wir das auch tun. Versprochen!“ 


© Markus Eck, 31.12.2017

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