Special: | Lex |
Titel: | Neugierig geblieben |
Gestartet 1993, liegt eine abwechslungsreiche Bandgeschichte hinter diesen Münchner NDH-Vorreitern. Ans Aufhören denkt das beständige Quintett noch lange nicht, wie mit dem 2015er Release, der EP „Erdwärts“ kräftig bezeugt wurde. Sänger Alexander ‚Lex‘ Wohnhaas ist bei Fans, Kollegen und Medien als außerordentlich eigenständiger Charakter und vor allem als authentischer Künstler bekannt.
Lex, welche Musikkünstler haben dich erstmalig so verzaubern können, dass ihre Magie bis in die Gegenwart wirkt?
Für mich sind Bands und Musiker, die ich in meiner Jugend geliebt und abgöttisch verehrt habe eher Zeitzeugen meiner damaligen Entwicklung. Meine erste Band, von der ich auch Schallplatten kaufte, war Kiss.
Ein, zwei Jahre hingen in meinem Zimmer lauter Poster von Gene Simmons, Paul Stanley und Co. Es folgten AC/DC, Metallica, Iron Maiden, Aerosmith.
Ich hatte auch eine Ära, in der ich viel progressive Musik aus den 1970ern gehört habe. Genesis, Yes, Jethro Tull, Pink Floyd. Peter Gabriel war damals ein Sänger und Künstler, den ich sehr verehrt habe.
In der Grunge-Zeit waren es dann Bands wie Pearl Jam und vor allem Soundgarden, nach denen ich regelrecht süchtig war.
Chris Cornells Stimme liebe ich bis heute. Ich höre die alten Platten von Zeit zu Zeit noch gerne an, aber natürlich interessieren mich heute auch andere Bands wie beispielsweise Disturbed, Muse, Foo Fighters etc.
Welche Band aus der damaligen Zeit verehrst du noch immer aus vollem Herzen?
Wie gesagt. Viele der Bands verstauben inzwischen in meinen Plattenregalen und werden höchstens aus Nostalgie mal auf den Plattenteller geschmissen - ja, ich besitze so ein antiquiertes Wiedergabegerät noch! Soundgarden, Queen, Iron Maiden etc. Es gibt schon noch Bands, die auch für mich die Zeit überdauert und einen steten Platz in meinem Herzen haben.
Haben Lyrics deiner alten Band-Heroen auf sozialem Level zu einer bestimmten Entwicklung beitragen können?
Songtexte waren für mich damals nicht wichtig. Die meisten Bands, die ich hörte, sangen englische Texte, die ich größtenteils nicht verstand.
Die Musik, gute Riffs und eine männliche, geile Rockstimme waren mir viel wichtiger. Natürlich habe ich mich auch in den entsprechenden Kreisen bewegt. Die Rockfabrik Augsburg und viele Rockclubs waren damals wie teils noch heute mein zweites Zuhause. Man hat sich dementsprechend gekleidet.
Lange Haare blieben mir dank recht tiefer Geheimratsecken leider verwehrt, weshalb ich schon relativ früh zur radikalen Gegenkur ansetzte und mich bereits 1997 zu der Frisur durchrang, die man heute noch an mir betrachten kann.
Deutsche Texte drangen erst über Herbert Grönemeyer und Marius Müller Westernhagen zu mir vor. Davor war das in meinen Augen nur seichter Schlager.
Was muss musikalisch geboten werden, damit dich ein Song von einer anderen Band gefangen nimmt?
Das ist unterschiedlich. Manchmal ist es ein intelligent konstruierter Text, der zum Beispiel eine Emotion aus ganz neuem Blickwinkel betrachtet wie beispielsweise Maxim in seinem Song „Meine Soldaten“. Oder es ist eine einprägsame Melodie oder ein genialer Groove. Oder geiles Riffing wie etwa „Hysteria“ von Muse, „Dance With Somebody“ von Mando Diao. Oder auch bei unserem Song „Himmelsstürmer“, bei dem mich gleich die Verbindung von hartem Metalriff und dem treibenden Off-Beat in der Strophe gekickt hat.
Welcher war der erste Gig, der dich als Besucher in frenetisch begeisterte Stimmung versetzen konnte?
Unvergessen bleibt für mich ein Konzert von Soundgarden auf ihrer letzten regulären Tour 1996/97, als sie mit ihrem damals aktuellen Album „Down On The Upside“ unterwegs waren und sich unmittelbar nach der Tour auflösten.
Ich war damals absoluter Soundgarden-Fan und die Gesangskünste von Chris Cornell haben mich so sehr beeindruckt, dass ich sogar für zehn Minuten mit dem Gedanken spielte, selbst mit dem Singen aufzuhören, da ich meine damaligen Anfangsschritte als Sänger als viel zu erbärmlich im Vergleich dazu empfand.
Gott sei Dank hat dann doch mein Ego gesiegt und mein Ehrgeiz, ihm wenigstens nachzueifern.
Gab es positive Überraschungen, die dazu führten, dass du dich für einst verschmähte Bands auf einmal begeistern konntest?
Kann ich so nicht sagen. Ich versuche musikalisch immer open minded zu sein. Wenn ein Künstler mal ein schlechtes Album macht, schreibe ich ihn nicht gleich total ab. Kommt mal wieder ein guter Song daher, bin ich gerne bereit reinzuhören.
Welche Bands haben die Musik von Megaherz von Beginn an eindeutig geprägt?
Da weiß ich von unserem Tieftöner Werner und Gitarrist Christian, dass vor allem Bands wie Rage Against The Machine, Clawfinger aber auch Kraftwerk prägenden Einfluss hatten. Der Gedanke war dabei, die Härte und Kompromisslosigkeit dieser Bands mit dem aufkommenden Techno-Flair und ernsthaften, deutschen Texten zu verbinden.
Wie sehr ließen anfängliche Einflüsse von bestimmten Bands bei Megaherz mit der Zeit nach?
Natürlich verschwindet dieser oder jene Einfluss. Die Zeit ändert sich ja auch und mit ihr der eigene Geschmack. Und schließlich emanzipiert man sich ja auch von seinen Vorbildern.
Heute lassen wir uns von ganz unterschiedlichen Genres inspirieren.
Manchmal spielt mir Christian einen uralten 80er Jahre-Song vor, der ihn für eine neue Megaherz-Nummer inspiriert hat. Und ich kann es dann kaum glauben, da sie so unterschiedlich klingen.
Aber so hört halt jeder etwas anderes in den eigenen Liedern.
Welche der einstigen Bands, die Megaherz inspirierten, sind deiner Meinung nach auch heute noch interessant und hörenswert?
Eigentlich alle. Sie waren damals wie heute eine prägende Größe in der Musikszene und viele ihrer Lieder haben nichts an Kraft verloren.
Vor allem, wenn man überlegt, wie minimalistisch Kraftwerk in den 1970ern Musikgeschichte geschrieben haben und das ein Song wie „Killing In The Name Of“ von Rage Against The Machine mich noch immer völlig wegfönt. Das ist für die Ewigkeit.
Welche Bands, Künstler oder Songs sind auch heute noch - mehr oder weniger - prägender Einfluss und Inspiration für Megaherz?
Da gibt es meiner Meinung nach keinen steten, ewig bleibenden Einfluss. Wir setzen uns nach jedem Album hin und beginnen oft ganz von neuem.
Das heißt jetzt nicht, dass jedes Megaherz-Album völlig neu klingt. Aber der Reiz zu verändern und neue Wege zu gehen ist bei uns immer vorhanden.
Gibt es für dich Musiker anderer Bands, die du eindeutig als Idole titulieren würdest?
Gesanglich ganz klar Chris Cornell. Ich will aber nicht so klingen wie er. Kein Sänger oder Sängerin sollte wie jemand anderer klingen wollen.
Ich denke, da habe ich Gott sei Dank meinen ganz eigenen Weg gefunden, aber Cornells Stimme berührt mich noch heute.
Ich kann gar nicht genau sagen, was es ist. Vielleicht diese unbändige Kraft, wenn er schreit ohne dabei in diesen lästigen, winseligen Metaltenor zu verfallen, den ich nie gemocht habe.
Sonstiges, was du zum Gesamtkontext der Fragen noch loswerden möchtest?
Ich denke, es ist nie verkehrt, seine Wurzeln zu kennen, aber man sollte immer seinen Blick nach vorne richten und neugierig bleiben.
© Markus Eck, 05.07.2016
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